Wir haben in diesem Gastbeitrag mit dem axytos CRO Matthias Schubert gesprochen. Er entwickelt und verantwortet seit mehr als 20 Jahren in leitender Funktion digitale Produkte für Risiko- und Forderungsmanagement mit Fokus Analyse, Modellierung und Prozessoptimierung. Er weiß sehr genau, wie man die Stärken von KI nutzt und die Schwächen vermeidet.
Auf den virtuellen KI-Tagen 2022 am 09. und 10. November berichtet Schubert in seinem Vortrag ‚KI einsetzen – mehr werthaltigen Umsatz erzielen‘ darüber, wie Händler im E-Commerce durch den Einsatz von KI-Methoden die Annahmequote beim Kauf auf Rechnung signifikant erhöhen können und damit ihren Umsatz steigern.
Herr Schubert, bevor wir in das Thema KI einsteigen: Warum ist Kauf auf Rechnung für deutsche Online-Käufer:innen überhaupt so wichtig?
Kauf auf Rechnung ist nach wie vor die beliebteste Zahlungsmethode im deutschen Online-Handel und basiert auf der guten alten Katalogtradition. Online-Händler, die in ihrem Checkout Kauf auf Rechnung anbieten, haben im Durchschnitt größere Warenkörbe, eine höhere Conversionsrate, eine nachhaltigere Käuferbeziehung und erzielen dadurch insgesamt einen höheren Umsatz.
Als Buy Now Pay Later Enabler hat axytos den Kauf auf Rechnung weiterentwickelt und bietet dem Handel mit Rechnungskauf 3.0 eine echte White Label Lösung mit Zahlungsgarantie und umfassender Transparenz für eine effiziente Verkaufssteuerung.
Ein kleiner Werbeblock sei erlaubt. Aber welche grundlegende Idee steckt hinter diesem neuartigen Ansatz?
Es geht ganz grundsätzlich um die Annahmequote, also die Entscheidung, wem ich als Online-Händler im Checkout meines Shops überhaupt einen Kauf auf Rechnung anbiete. Da benötige ich als Händler oder Hersteller, der das in Eigenregie umsetzen möchte, zuverlässige und belastbare Informationen über den Käufer, damit das Ausfallrisiko überschaubar bleibt.
Ganz ‚gute‘ und ganz ‚schlechte Käufer‘ lassen sich dabei noch recht einfach identifizieren. Aber über die 15 bis 20 Prozent im Graubereich, die gerne per Kauf auf Rechnung bezahlen würden, liegen meist sehr wenig Informationen vor. Bei diesen Käufer:innen geht es aber um ein immenses, werthaltiges Umsatzpotential, das man als Händler nicht einfach verschenken kann.
Soweit verstanden. Und wann kommt hier Künstliche Intelligenz ins Spiel? Schließlich lautet der Titel Ihres Vortrags ‚KI einsetzen – mehr werthaltigen Umsatz erzielen‘.
Um die KI-Methoden zu erläutern, die auf der axytos Plattform eingesetzt werden, möchte ich ein Bild verwenden: Stellen Sie sich für den ersten Schritt ein ziemlich grobes Sieb vor, mit dem über klassische Methoden ermittelt wird, welchen Käufern der Händler Kauf auf Rechnung anbietet und welchen nicht. In der ersten KI-Analyse kommt dann schon ein feineres Sieb zum Einsatz, um aus den Käufern im verbliebenen Graubereich die zu ermitteln, denen der Händler ebenfalls einen Kauf auf Rechnung ermöglichen kann.
Das Ganze wiederholen wir in weiteren Iterationen mit immer feineren Sieben, wobei der verbliebene Graubereich immer wieder neu in Grün, Grau oder Rot aufgeteilt wird. Praktisch ist das ein unendlicher Loop, da ja immer wieder neue Daten in das System eingespielt werden.
Ist das denn eine angemessene Aufgabe für KI?
Absolut! Die Stärken von Künstlicher Intelligenz liegen in der Mustererkennung auf Basis vorab definierter Eigenschaften und der ständigen Neukalibrierung anhand von Erfahrungen, also frischem Input. Das ist eine typische Machine Learning-Anwendung, und in diesem fest abgesteckten Aufgabengebiet funktionieren dann auch selbstlernende Algorithmen sehr gut.
Die Fähigkeit einer KI steht und fällt mit der Quantität und Qualität des Datenmaterials. Wo kommen die Daten her?
Die Informationen zur Fütterung der KI kommen aus mehreren Datenquellen. Interne Daten kommen direkt aus dem Shop, vom Händler, vom Besteller und seinem Warenkorb: Über welches Endgerät und zu welcher Uhrzeit ist er im Online-Shop unterwegs und wie sieht sein Warenkorb in Bezug auf Größe und Zusammenstellung aus?
Das Ganze wird über die axytos Plattform angereichert durch zahlreiche Datenquellen mit belastbaren Informationen, zum Beispiel über die Bonität und Identität des Käufers: Lässt sich seine Kontonummer aus freien Quellen verifizieren, ist seine E-Mail Adresse echt? Hinzu kommt ein Betrugsfilter, der unter anderem Mehrfach-Bestellungen und gestohlene Identitäten erkennt und eine Korrelation zwischen Bonität und Warenkorb-Inhalt herstellt.
Man sagt, eine KI ist nur so gut wie ihr Programmierer. Stimmt das?
Ja, das ist absolut richtig und wird meiner Einschätzung nach auch noch länger so bleiben. Eine KI muss vom Fachmann anhand möglichst vieler und richtiger Datensätze trainiert werden, die darüber hinaus auch korrekt formuliert sein müssen. Genau deshalb gehören zum axytos Team auch menschliche Analytiker. Sie bilden einen festen Teil der Plattform und sorgen auch dafür, dass uns ein einzelner ‚Schwarzer Schwan‘ nicht den ganzen Algorithmus durcheinanderbringt.
Können Sie das beispielhaft erläutern?
Bei den sogenannten Schwarzen Schwänen handelt es sich um unwahrscheinliche Ereignisse, die weder Menschen noch KI-Systeme vorhersehen können. Selbstlernende KI-Systeme haben prinzipiell Schwierigkeiten, damit umzugehen, da Schwäne ja überwiegend weiß sind (grinst). Ein etwas überspitztes Beispiel: Ein voll geschäftsfähiger Beamter im Ruhestand zieht in eine Stadt mit hoher Arbeitslosigkeit und einem geringen Durchschnittseinkommen. Das sogenannte Geoscoring, also die Kombination aus Wohnort- und Bonitäts-Daten, führt nun dazu, dass er seine geliebten Schuhe nicht mehr auf Rechnung kaufen kann.
Der Algorithmus könnte das so interpretieren, dass alle Ex-Beamten in dieser Stadt vom Kauf auf Rechnung ausgeschlossen werden, also die rote Flagge bekommen. Hier greifen dann die axytos Experten ein und kalibrieren den Algorithmus neu, unser Beamter bekommt eine grüne Flagge und kann seine Schuhe wie gewohnt einkaufen. Die KI hat also gelernt, nicht alleine auf Grund des veränderten Wohnortes eine Entscheidung zu treffen, sondern andere Parameter stärker zu berücksichtigen.
Gut und schön. Aber was haben Online-Händler davon?
Um es kurz auf den Punkt zu bringen: Durch den Einsatz von KI-Methoden der axytos Plattform liegt die Annahmequote bei Händlern für den zahlungsgarantierten Kauf auf Rechnung deutlich über der von Marktbegleitern. Im Ergebnis sorgt das für höheren Umsatz und eine bessere Kundenentwicklung – und das bei maximaler Transparenz und Steuerbarkeit der Prozesse.
Herr Schubert, vielen Dank für das Gespräch!
Über den Interviewpartner:
axytos CRO Matthias Schubert entwickelt und verantwortet seit mehr als 20 Jahren in leitender Funktion digitale Produkte für Risiko- und Forderungsmanagement mit Fokus Analyse, Modellierung und Prozessoptimierung. In seiner Funktion als CRO bei axytos verantwortet er neben dem Risiko- und Fraud Management die Steuerung des Forderungsmanagements sowie die Themen Daten, Data Warehouse / Reporting und Analyse.
Matthias Schubert erläutert am 10.11.2022 um 13:15 Uhr in seinem Vortrag „KI einsetzen – mehr werthaltigen Umsatz erzielen“ wie Handel und E-Commerce mit den weiterentwickelten axytos White Label BNPL-Lösungen und dem richtigen Einsatz Künstlicher Intelligenz den Umsatzturbo zünden.
Anmeldung zu den Virtuellen KI-Tagen 2022:
Als Vorreiter im kundenfreundlichen und digitalen Forderungsmanagement B2B/B2C unterstützt die konzernunabhängige atriga zusammen mit weiteren Gesellschaften der Gruppe weltweit mehr als 25.000 Mandanten. Die unternehmenseigene IT-Forschungs- und Entwicklungsabteilung steht für wegweisende Innovation und führt Konzerne und Unternehmen aller Größen und Branchen ‚TOTAL DIGITAL‘ ins 21. Jahrhundert.
International tätige Konzerne und Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen (z. B. Assekuranz, Banken, E-Commerce, Gesundheitswesen, Immobilien, Logistik, öffentlicher Personen(nah)verkehr, Payment, Telekommunikation, Verlage, Versandhandel, Versorger) schätzen die umfassende Expertise der atriga, insbesondere in den Bereichen Forderungsmanagement, Inkasso, Recht, Softwareentwicklung und Datenschutz.
atriga ist Vertragspartner der SCHUFA und der meisten Auskunfteien, Mitglied im Bundesverband Credit Management e.V. (BvCM), im Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU), in der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. (GDD) und im Bundesverband der Dienstleister für Online Anbieter e.V. (BDOA).
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