Was macht Quantencomputer so schnell?
Klassische Computer verwenden Bits als die kleinste Einheit der Datenverarbeitung. Ein Bit kann zwei Zustände annehmen, entweder genau 1 oder genau 0. Die Prozessoren setzen diese Werte mit „Strom an” und „Strom aus” um. Die Bits sind unabhängig voneinander. Acht Bits nebeneinander ergeben ein Byte. Unsere jetzigen Computer übersetzen alle Informationen in Binärcode, um damit rechnen zu können. Das betrifft alle Programme von einer einfachen Kalkulation bis hin zu Raumfahrtprogrammen.
Seit dem ersten Computer, den Konrad Zuse 1957 gebaut hat, sind die Rechner immer kleiner und schneller geworden. Dabei haben sie das Prinzip Binärcode beibehalten. Einen Quantensprung an Leistung versprechen die Quantencomputer. Sie sollen die Rechengeschwindigkeit heutiger Computer bei weitem übertreffen.
Aktuell (Mai 2024) befindet sich vielerorts die Quantentechnologie noch im Forschungsstadium. Der europäische Cloudanbieter OVHcloud hat allerdings bereits den ersten Quantencomputer, den Quandela Quantum Computer, im März 2023 für die kommerzielle Nutzung in Frankreich eingeweiht. Das deutsch-finnische Start-up IQM brachte 2023 einen supraleitenden Quantencomputer für Universitäten und Labore auf den Markt. Er soll in der Basisversion weniger als eine Million Euro kosten. Gelingt es Wissenschaftlern, weitere Quantencomputer wie gewünscht zum Laufen zu bringen, werden sie die Welt der IT und viele Bereiche unseres Lebens stark verändern. Ehe wir auf die Anwendungen eingehen, lohnt es sich zu verstehen, warum die neue Generation der Computer überhaupt so schnell arbeiten kann.
Von Bits zu Qubits
In der Physik bezeichnet der Ausdruck „Quant” den kleinstmöglichen messbaren Wert einer physikalischen Größe, ähnlich den Pixeln in einem digitalen Bild. Ein Quant lässt sich nicht weiter unterteilen und existiert ausschließlich als komplette Einheit, die entweder erschaffen oder zerstört werden kann. Analog zu den Bits in traditionellen Computern wird dieses Quant als Qubit bezeichnet, welches die grundlegende Recheneinheit in Quantencomputern darstellt.
Ein Qubit kann nicht nur 0 und 1 darstellen, sondern theoretisch unendlich viele Zustände dazwischen und das gleichzeitig. In einem einzigen Qubit lassen sich also viele Werte unterbringen. Wie aber kann ein Qubit gleichzeitig verschiedene Zustände einnehmen und trotzdem zu korrekten Rechenergebnissen führen? Dafür sind drei Hauptkonzepte verantwortlich:
- Überlagerung (Superposition)
- Verschränkung (Entanglement)
- Interferenz
Diese drei Grundprinzipien sind im Beitrag Quantencomputer: Konzept und Anwendungen ausführlich erklärt.
Anwendungen von Quantencomputern
Quantencomputer haben das Potenzial, in verschiedenen Feldern revolutionäre Veränderungen herbeizuführen. Hier einige Beispiele:
Kryptographie und Post-Quanten-Kryptographie: Quantencomputer werden bestehende Verschlüsselungsmechanismen wie RSA (Rivest–Shamir–Adleman) in praktisch nutzbaren Zeiträumen knacken können. Die Antwort darauf ist die Post-Quanten-Kryptographie. Die Entwicklung von Algorithmen, die sowohl gegenüber Quantencomputern als auch traditionellen Computern sicher sind, wird intensiv vorangetrieben.
Quantencomputer haben zwar mächtige Fähigkeiten, aber selbst sie sollen an der sogenannten Post-Quanten-Kryptografie scheitern. Das Gute daran: Im Gegensatz zur Quantenkryptografie lässt sich Post-Quanten-Kryptografie auch auf klassischer Hardware umsetzen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich auf sicheres Bezahlen in der Ära der Quantencomputer vorzubereiten.
Das National Institute of Standards and Technology (NIST) in den USA spielt eine führende Rolle bei der Standardisierung neuer Verschlüsselungsmethoden für die Post-Quanten-Ära. Von ursprünglich 69 vorgeschlagenen Methoden wurden nach intensiver Prüfung und mehreren Evaluationsrunden vier Verfahren zur Standardisierung ausgewählt. Einen Leitfaden zur Implementierung der Post-Quantum-Kryptographie finden Interessierte auf SSL.com.
Neue und verbesserte Materialien: Quantencomputer könnten komplexe Moleküle modellieren, was zu neuen Materialien und Medikamenten führen könnte. Insbesondere die Fähigkeit von Quantencomputern, Quantensysteme direkt zu simulieren, eröffnet neue Wege für die Erforschung und Entwicklung neuer Materialien. Im Beitrag Quantencomputer: Konzept und Anwendungenist beschrieben, wie Quantencomputer in der Materialwissenschaft angewendet werden, einschließlich einiger Beispiele dazu.
Logistik und Produktion – Lösung von Optimierungsproblemen: Probleme in den Bereichen Logistik und Produktion sind oft extrem komplex und schwer zu lösen, insbesondere wenn sie eine große Anzahl von Variablen und Beschränkungen beinhalten. Quantencomputer können potenziell effizientere Lösungen für solche Probleme finden, indem sie ihre Fähigkeit nutzen, eine enorme Menge an Berechnungen gleichzeitig durchzuführen (Quantenparallelismus) und komplexe Zustände zu erkunden.
Fahrzeugrouting: Optimierung der Routen, die Fahrzeuge nehmen sollten, um Waren zu liefern. Quantenannealing (spezielles Verfahren einiger Quantencomputer) kann genutzt werden, um die optimale Reihenfolge der Anlieferungs- oder Abholpunkte zu finden, was die Gesamtkosten für Kraftstoff und Zeit minimiert.
Produktionsplanung: In der Fertigung müssen Produktionspläne oft so optimiert werden, dass die Maschinenbelegung maximiert, die Durchlaufzeit minimiert und die Umstellungszeiten zwischen verschiedenen Produktionsaufgaben reduziert werden. Quantencomputer können potenziell in kürzerer Zeit effizientere Pläne entwickeln.
Lagerhaltung und Bestandsmanagement: Optimierung des Lagerbestands, um die Verfügbarkeit von Produkten zu gewährleisten und gleichzeitig die Lagerkosten zu minimieren. Quantenmethoden könnten dabei helfen, komplexe Lagerhaltungsmodelle zu simulieren und zu optimieren.
Zukunft der Quantencomputer – golden und grau zugleich
Auf eine goldene Zukunft weist die im April 2024 erschienene McKinsey-Analyse „Quantum Technology Monitor“ hin. Innerhalb des nächsten Jahrzehnts könnte die Quantentechnologie einen Wert von Billionen von Dollar schaffen. Die vier Sektoren – Chemie, Biowissenschaften, Finanzen und Mobilität – werden wahrscheinlich die frühesten Auswirkungen des Quantencomputings erleben und bis 2035 bis zu 2 Billionen Dollar Umsatz erzielen können.
Auf der Schattenseite des Quantencomputing stehen Risiken und Herausforderungen, sowohl technischer als auch ethischer Natur. Die möglichen Risiken erfordern eine vorausschauende Betrachtung, ethische Überlegungen und möglicherweise neue regulatorische Ansätze, um sicherzustellen, dass die Vorteile dieser mächtigen Technologie zum Wohl aller genutzt werden können.
Mehr über die Chancen und Gefahren des Quantencomputing steht in dem Beitrag Quantencomputer: Konzept und Anwendungen.
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