Das flexible 5G-Mobilfunknetz, das eine flächendeckende Signalübertragung im Mobilfunk auf dem Universitätscampus der TU Ilmenau ermöglichen wird, soll in Zukunft allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität für Forschungs- und Experimentierzwecke zur Verfügung stehen. Dazu wird in den kommenden drei Jahren ein hochleistungsfähiges Outdoor- und Indoor-Netz aufgebaut – im Außenbereich über neun Funkzellen, die große Teile des Universitätscampus‘ abdecken.
Projektleiter Prof. Andreas Mitschele-Thiel, Leiter des Fachgebiets Integrierte Kommunikationssysteme, ist sich sicher, dass die neue technische Infrastruktur der Forschung an der TU Ilmenau vollkommen neue Möglichkeiten eröffnen wird: „Die Technik, die wir auf unserem Universitätscampus aufbauen, macht Funkübertragungen mit superschnellen Datenraten von mehreren Gigabit pro Sekunde und geringster Latenz möglich, also Verzögerungszeiten von nur einer bis fünf Millisekunden. Im Gegensatz zum Vorgängerstandard 4G ermöglicht uns das zuverlässige Datenübertragung sogar in Echtzeit und damit hochambitionierte Forschungsvorhaben in den verschiedensten Bereichen.“ Beim autonomen Fahren beispielsweise haben Forschungsprojekte zu Sicherheit im Straßenverkehr ganz neue Möglichkeiten: Zusammenstöße von Fahrzeugen könnten mit höchster Zuverlässigkeit ebenso vermieden werden wie Unfälle mit Radfahrern oder Fußgängern.
Auch für die Medizin bietet der 5G-Standard neue Möglichkeiten, etwa bei neuen Anwendungen kollaborativer medizinischer Trainingsoperationen, bei denen eine geringe Latenzzeit entscheidend ist, um eine reibungsloses Zusammenarbeit im virtuellen Raum zu gewährleisten. Dadurch können auch komplexe Operationen mit mehreren Nutzern und Nutzerinnen an verschiedenen Standorten virtuell erprobt werden, was neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, zum Training und bei der medizinischen Ausbildung bietet.
Im Bereich der automatisierten Produktion macht 5G „Productive Teaming“ möglich – ein vollkommen neues Konzept von Mensch/MaschineInteraktion, das es Menschen und intelligenten Maschinen ermöglichen wird, ihre Handlungen empathisch aufeinander abzustimmen und so den gesamten Produktionsprozess als echtes Team zu organisieren. Damit Mensch und Maschine flüssig zusammenwirken können, muss die Maschine in Bezug auf die Handlungen des Menschen verzögerungsfrei agieren und reagieren können. Erst durch ein 5G-Netz können die Daten, die mit den Sensoren gewonnen werden, die den Teaming-Bereich beobachten, verzögerungsfrei übertragen werden. Solche Sensoren und Sensornetzwerke werden an der TU Ilmenau entwickelt.
Von dem 5G-Campusnetz profitiert nicht nur die Forschung an der TU Ilmenau, auch die Lehre erhält neue Möglichkeiten. So kann Studentinnen und Studenten in Zukunft Wissen zum Beispiel über moderne Mobilfunksysteme nicht mehr nur in der Theorie im Hörsaal vermittelt werden. Sie können dann auch praktische Experimente in einem hochmodernen 5G-Mobilfunknetz durchführen, etwa die Einflüsse von Änderungen der Netzkonfiguration auf die Leistungsparameter des Netzes anschaulich untersuchen.
Für die Zukunft ist geplant, das neue 5G-Netz als Ergänzung zum WLAN-Netz der Universität auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Studierenden der Universität zur Verfügung zu stellen. Die hochzuverlässige Echtzeitkommunikation wird es ihnen dann zum Beispiel ermöglichen, Augmented-Reality-Anwendungen zu nutzen oder an unterschiedlichen Orten gemeinsam zu musizieren.
Mit dem Aufbau eines 5G-Netzes treibt die TU Ilmenau nicht nur die Anwendung des 5G-Mobilfunkstandards in Thüringen voran, sie macht auch die Hightech-Industrie des Freistaats im Bereich modernster Mobilfunknetze fit für die Zukunft. So haben Prof. Andreas Mitschele-Thiel und sein Forscherteam das 5G-Projekt so angelegt, dass es flexibel auf den künftigen, noch leistungsfähigeren Standard 6G ausgeweitet werden kann: „Dann werden wir die Latenz auf ein Zehntel reduzieren und Übertragungsraten erreichen, die 5G noch um das Fünfzigfache übersteigen“. Und schmunzelnd fügt er hinzu: „Wegen seiner flexiblen Ausbaufähigkeit haben wir uns erlaubt, das 5G-Projekt schon heute ,6G Campus Ilmenau‘ zu nennen – weil ja 6G erst 2030 eingeführt wird.“
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