Wo Viren an ihre Grenzen kommen

Mit Hilfe eines neuen Analyseverfahren haben Empa-Forschende Viren auf ihrem Weg durch Gesichtsmasken verfolgt und ihr Scheitern an den Filterschichten verschiedener Maskentypen miteinander verglichen. Das neue Verfahren soll nun die Entwicklung von Oberflächen beschleunigen, die Viren abtöten können, wie das Team im Fachmagazin «Scientific Reports» schreibt.

Mittels Hochdruck jagt die Apparatur die rotgefärbte künstliche Speichelflüssigkeit mit Testpartikeln durch eine aufgespannte Maske. So simulieren die Forsche den Vorgang einer Tröpfcheninfektion. Das an der Empa etablierte Verfahren wird derzeit von zertifizierten Testzentren eingesetzt, um die Qualitätssicherung von textilen Gesichtsmasken zu gewährleisten, denn eine sichere Maske muss anspruchsvollen Anforderungen gerecht werden: Sie muss Keime abhalten, spritzenden Speicheltropfen standhalten und gleichzeitig die Atemluft passieren lassen.

Nun gehen die Empa-Forschenden einen Schritt weiter: «Aufnahmen mittels Transmissionselektronenmikroskop lassen erkennen, dass einigen wenigen Viruspartikeln der Weg bis in die innerste Maskenschicht nah am Gesicht gelingt. Ob diese Viren aber noch infektiös sind, verraten die Bilder nicht immer», sagt Peter Wick vom «Particles-Biology Interactions» Labor der Empa in St. Gallen. Das Ziel der Forschenden: Sie wollen herausfinden, an welcher Stelle ein Virus bei einer Tröpfcheninfektion an einer mehrschichtigen Maske scheitert, und welche Maskenbestandteile effizienter sein müssten. «Hierzu werden neue Analyseverfahren benötigt, um die Schutzfunktion neu entwickelter Technologien wie virusabtötende Beschichtungen genau verstehen zu können», so Empa-Forscher René Rossi vom «Biomimetic Membranes and Textiles» Labor in St. Gallen.

Denn genau dies ist eines der Ziele des «ReMask»-Projekts, bei dem Forschung, Industrie und Gesundheitswesen  mit der Empa im Kampf gegen die Pandemie zusammenspannen, um neue Konzepte für bessere, komfortablere und nachhaltigere Gesichtsmasken zu entwickeln.

Sterbende Schönheit

Das neue Verfahren baut daher auf den Farbstoff Rhodamin R18, der farbiges Licht abstrahlt. Zum Einsatz kommen ungefährliche, inaktivierte Testviren, die an R18 gekoppelt werden und so zu sterbenden Schönheiten werden: Sie leuchten farbig auf, sobald sie beschädigt sind. «Die Fluoreszenz zeigt zuverlässig, schnell und kostengünstig an, wenn Viren abgetötet wurden», so Wick.

Anhand der Intensität, mit der eine Maskenschicht leuchtet, konnte das Team feststellen, dass bei Stoff- und Hygienemasken die meisten Viren in der mittleren Schicht zwischen Innen- und Aussenlage der Maske scheitern. Bei FFP2-Masken leuchtete die dritte von sechs Lagen am stärksten – auch hier fängt die zentral gelegene Schicht besonders viele Viren ab. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden unlängst im Fachmagazin «Scientific Reports». Diese Erkenntnisse lassen sich nun zur Optimierung von Gesichtsmasken einsetzen.

Darüber hinaus kann das neue Verfahren die Entwicklung von virusabtötenden Oberflächen beschleunigen. «Oberflächen mit antiviralen Eigenschaften müssen gewissen ISO-Normen entsprechen, was aufwändige Standardtests mit sich bringt», erläutert Wick. Das Fluoreszenz-Verfahren der Empa-Forschenden könne hingegen als Ergänzung zu den aktuell gültigen Normen einfacher, schneller und kostengünstiger ermitteln, ob eine neuartige Beschichtung Viren zuverlässig abtöten könne. Dies wäre sowohl für glatte Oberflächen etwa auf Arbeitsplatten oder Handgriffen interessant, als auch für Beschichtungen auf Textilien mit einer porösen Oberfläche wie etwa Masken oder Filtersystemen. Und mit dem neuen Verfahren könne diese Erkenntnis bereits sehr früh in den Entwicklungsprozess von technischen und medizinischen Anwendungen integriert werden. Damit, so Wick, werde die Einführung neuer Produkte beschleunigt, da lediglich erfolgversprechende Kandidaten die aufwendigen und kostenintensiven Normtests durchlaufen müssen.

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