Katharina Berwing, Leiterin des Centers Integrated Business Applications, führte mit ihrem Impulsvortrag über das Zusammenspiel von IT- und Fachabteilungen in das Thema ein und stellte die häufig komplizierte „Beziehung“ anhand von Beispielen dar. Sie wies auf die erfolgskritische Rolle dieser Zusammenarbeit gerade in Transformationsprojekten hin, denn Unternehmenserfolg misst sich längst nicht mehr nur an monetären oder Effektivitäts- und Effizienzkennzahlen. Angesichts des dynamischen Umfelds, in dem Unternehmen heute agieren, ist es vielmehr ihre Wandlungsfähigkeit, die über den Unternehmenserfolg entscheidet.
Anschließend ging es in drei Themenblöcken ans Eingemachte. Unter dem Titel Transparenz, Tracking & Tools – Auf dem Weg zur smarten Auftragsabwicklung, stellten Hannes Elser, Scheidt & Bachmann IoT Solutions, Gerd Jens Schmidt, Contargo GmbH & Co. KG, und Sven Fleischer, Continental AG, ihre Herausforderungen und Lösungen für die Automatisierung unterschiedlicher Prozesse aus IT-Sicht vor. Begründete Elser die Notwendigkeit von automatisierten Buchungsprozessen damit, dass heute Mitarbeitende im Schnitt 100 Minuten am Tag mit Suchen verbringen, liegt der Schwerpunkt beim Logistikdienstleister vor allem auf automatisierten Prozessen bei der Datengenerierung und -verarbeitung, denn nur so können sie der Entscheidungsfindung im komplexen Transportnetzwerk aus Schiff, Bahn und LKW dienlich sein. Derweil setzt Continental auf Low-code-Anwendungsentwicklung und will damit den internen Anforderungen flexibel und vor allem schnell begegnen.
Nach einem Exkurs zur Rolle von Business-IT beim Erreichen von Nachhaltigkeitszielen, die in einer fünfköpfigen Runde zwar nicht kontrovers, jedoch aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert wurden, folgten unter der Überschrift Produktion 4.0 – Mit MES, ERP & Co. zum vernetzten Shopfloor und vernetzten Unternehmen Vorträge von Mathias Hammes, Siemens Energy AG, und Ruben Schumacher, SCHUMAG Aktiengesellschaft. Hammes als Projektleiter MES@SE und Schumacher als Teamleiter Fertigungssteuerung berichteten aus der Perspektive der Fachabteilung und schilderten etwa die Transformation zu einem einheitlichen MES bei den in 90 Ländern ansässigen Standorten. Schumacher teilte seine Erfahrungen über die Digitalisierung der Produktionsplanung inklusive vollintegrierter Auftragsabwicklung.
Beispiele für die Mammutaufgabe Digitalisierung – Wie Organisationen den Wandel gestalten können lieferten Maximilian Lukas, Vaillant Group, und Jan Reschke, SMS group GmbH. Beim Weltmarktführer für zentrale Heizgeräte geht es um die Harmonisierung und Standardisierung der Vertriebs- und Produktionsprozesse rund um den Globus. Ein nicht ganz so kleines Unterfangen, sind schließlich hunderte von Prozessen der Vertriebsgesellschaften in über 60 Ländern und neun internationale Produktionsstandorte zu berücksichtigen. Nicht weniger komplex ist das Transformationsprojekt bei SMS: An rund 95 Standorten weltweit stellt man auf ein neues ERP-System um. Dass es hier um viel mehr geht als die reine Implementierung, stellte Reschke eindrücklich vor und nannte als wichtigste Faktoren für das Gelingen: eine starke und hoch priorisierte Change-Management-Organisation, Ressourcenverfügbarkeit und -hoheit sowie ein starkes Backing der Geschäftsführung.
Einen fast schon synthetisierenden Abschluss bot Bastian Deck, Geschäftsführer Novazoon GmbH. Mit knapp 100 Beschäftigten zwar bedeutend kleiner als die vorangegangenen Unternehmen, konzipiert und begleitet Novazoon führende Industrie- und Dienstleistungsunternehmen bei der Entwicklung und Markteinführung neuer Geschäftsmodelle – und setzt damit riesige Transformationsprojekte um. Gegenüber seinen Vorrednern, die eher auf Standardisierung setzen, gab Deck zu bedenken, dass bei „one fits all“ die eigentlichen Kundenbedürfnisse auf der Strecke bleiben könnten. Er schlug den Bogen zum Eingangsvortrag, indem er bestätigte, dass die Fokussierung von Effizienz und Produktivität allein die Zukunft von Unternehmen nicht sichert und forderte eine Innovationskultur mit einem Umfeld, das durch Offenheit, eine gewisse Risikobereitschaft sowie Agilität und Kreativität geprägt ist.
Was die Teilnehmenden gelernt haben? Aus beiden Perspektiven – Business und IT – wird an vielen Stellen nicht perfekt zusammen- oder sogar aneinander vorbei gearbeitet. Dass es für den einzelnen Menschen, das Projektteam und schließlich den Unternehmenserfolg besser wäre, gut zusammenzuarbeiten und dafür fördernde Maßnahmen zu ergreifen, liest sich fast schon wie eine Binsenweisheit. Die Praxis zeigt jedoch, dass Unternehmen gerade in diesem Punkt noch eine Menge Potenzial haben und es schon beinah fahrlässig ist, dieses nicht zu nutzen.
Der nächste CBA Aachen – Congress on Business Applications Aachen findet am 21. Juni 2023 statt. Mehr auf: cba-aachen.de
Das FIR ist eine gemeinnützige, branchenübergreifende Forschungs- und Ausbildungseinrichtung an der RWTH Aachen auf dem Gebiet der Betriebsorganisation, Informationslogistik und Unternehmens-IT mit dem Ziel, die organisationalen Grundlagen zu schaffen für das digital vernetzte industrielle Unternehmen der Zukunft.
Mit Erforschung und Transfer innovativer Lösungen leistet das FIR einen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Dies erfolgt in der geeigneten Infrastruktur zur experimentellen Organisationsforschung methodisch fundiert, wissenschaftlich rigoros und unter direkter Beteiligung von Expert:innen aus der Wirtschaft. Im Zentrum der Betrachtung liegen die industriellen Verticals als Anwendungsfälle. Dies sind aktuell: Future Logistics, Smart Services und Smart Maintenance, Smart Commercial Buildings und Smart Mobility.
Das Institut begleitet Unternehmen, forscht, qualifiziert und lehrt in den Bereichen Dienstleistungsmanagement, Business-Transformation, Informationsmanagement und Produktionsmanagement. Als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen fördert das FIR die Forschung und Entwicklung zugunsten kleiner, mittlerer und großer Unternehmen.
Seit 2010 leitet der Geschäftsführer des FIR, Professor Volker Stich, zudem das Cluster Smart Logistik auf dem RWTH Aachen Campus. Im Cluster Smart Logistik ermöglicht das FIR eine bisher einzigartige Form der Zusammenarbeit zwischen Vertreter:innen aus Forschung und Industrie. Das FIR wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert, unterstützt als Johannes-Rau-Forschungsinstitut die Forschungsstrategie des Landes und beteiligt sich an den entsprechenden Landesclustern, um den Standort NRW zu stärken.
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