Bei den bereits erhältlichen biobasierten Schmierstoffsystemen konzentrierte sich die Entwicklung für nachhaltigere Produkte bisher vor allem auf die Basismedien und nicht auf die zugesetzten Additive. Additive für Schmierstoffe sind Wirkstoffe, die den Basismedien zugemischt werden. Sie verleihen den Produkten physikalische und/oder chemische Eigenschaften, die schmierungstechnisch zwar erforderlich, aber im Basismedium nicht vorhanden sind. Häufig eingesetzte Additive sind vor allem Oxidations-, Korrosions- und Verschleißschutzadditive sowie Detergentien, Emulgatoren, Entschäumer und Viskositätsindex-Verbesserer. Schmieröle neigen unter Einfluss von Wärme und Sauerstoff zur Oxidation. Beschleunigt wird dieser Zersetzungsprozess durch saure Reaktionsprodukte und Spuren von Metallen. Dies führt zu einem Alterungsprozess, bei dem sich Säuren sowie lack-, harz- und schlammartige Ablagerungen bilden, die größtenteils ölunlöslich sind. Ein Anstieg der Viskosität und Verharzen des Schmierstoffes sind die Folge, wodurch die Lebenszeit des Schmierstoffes verkürzt wird. Antioxidantien stellen deshalb eine essentielle Additivgruppe dar, die in fast allen Schmierstoffsystemen zum Einsatz kommt.
Biobasierte Extrakte mit hoher Technofunktionalität und gesteigertem Wirkpotenzial
Für diese große Additivgruppe, die eine entscheidende Rolle bei der Erhöhung der Stabilität von ölbasierten Schmierstoffen spielt, hat das Fraunhofer IVV eine nachhaltige und umweltfreundliche Alternative zu den konventionellen, mineralölbasierten Antioxidantien entwickelt. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurden biobasierte Extrakte gewonnen. Sie verfügen über ein gesteigertes Wirkpotential für eine ganz neue Generation von Additiven. Für die Herstellung der Additiv-Alternativen werden Reststoffe der Lebensmittel- und Agrarindustrie verwendet, die bisher keiner Nutzung zugeführt werden konnten. Einige dieser Reststoffe enthalten wertvolle Substanzen, die sich auf Grund ihrer Eigenschaften für den technischen Bereich eignen.
Die darin enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe können durch ihre extrem hohe Funktionalität synthetische Additive in technischen Produkten ersetzen und so Recylingfähigkeit und Bioabbaubarkeit erhöhen. Pflanzliche Antioxidantien weisen beispielsweise einen hohen Oxidationsschutz auf, er ist jedoch nicht in allen Fällen ausreichend. Die Herausforderung des Fraunhofer IVV bestand darin, durch gezielte Kombination unterschiedlicher pflanzlicher Molekülkomponenten ein Antioxidantien-System zu erzielen, dass sich durch das gegenseitige, unterstützende Zusammenwirken einzelner Moleküle auszeichnet.
Der Weg zur industriellen Herstellung ist geebnet
»Mit unseren Arbeiten konnten wir zeigen, dass durch eine Variation der Extraktionsparameter und deren Anpassung das antioxidative Potenzial der gewonnenen Pflanzen-Extrakte ganz gezielt beeinflusst werden kann«, erläutert die Projektleiterin Dr. Sandra Kiese. »Diese Kenntnisse sind von entscheidender Bedeutung für die Funktionalität pflanzlicher Extrakte. Darüber hinaus haben wir ein Verfahren zur Extraktion pflanzlicher Rohstoffe entwickelt, das auf die Gewinnung von antioxidativ wirkenden Extrakten für die technische Industrie zugeschnitten ist. Damit ist der Grundstein für die industrielle Herstellung der Extrakte gelegt«, so Dr. Kiese weiter. In dem Forschungsprojekt hat das Fraunhofer IVV außerdem sehr wirksame Extrakt-Kombination identifiziert, die auch in lipophilen Schmierstoffsystemen stabil eingesetzt und mit technofunktionellen Eigenschaften ausgestattet werden können. In lipophilen Produktformulierungen konnten auf diese Weise sehr hohe antioxidative Wirkungen erzielt werden, die in dieser Form selbst mit konventionellen Antioxidantien oft nicht erreicht werden. Die wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse bilden die Voraussetzung für die Entwicklung weiterer biobasierter Schmierstoffe und Additive.
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