Räumliche Daten für die Gesellschaft – Die Klaus Tschira Stiftung führt HeiGIT, das Heidelberg Institute for Geoinformation Technology, in die Zukunft

Unterführungen, Treppen und hohe Bordsteinkanten sind für Menschen mit Gehbeeinträchtigungen eine große Herausforderung. Ein maßgeschneiderter Routenplaner kann aber ihre Mobilität erhöhen, indem er Wege mit möglichst wenigen Hindernissen berechnet. Dieses Beispiel zeigt, wie Geoinformationstechnologie und Geoinformatik speziellen Gruppen in der Gesellschaft ganz konkret helfen. HeiGIT, das Heidelberg Institute for Geoinformation Technology, entwickelt nicht nur passgenaue Routenplaner, sondern unterstützt mit Daten der Geoinformation auch die Arbeit von Hilfsorganisationen – etwa um Ersthelfern nach einem Erdbeben oder einer Überschwemmung einen schnellen räumlichen Überblick über die betroffenen Gebiete und mögliche Einsatzwege zu geben. Dazu werden Geodaten aus sehr großen und heterogenen Datenquellen, vom Satellitenbild bis hin zu Social Media-Daten, erfasst und verarbeitet. Die Hilfsorganisationen erhalten so zeitnah digitale Karten, um im Katastrophenfall den Einsatz koordinieren zu können.

Das 2019 gegründete Institut, dessen Aufbau bereits 2016 begann, ist als Kooperationspartner auch personell eng mit der Universität Heidelberg verbunden und wird von der Klaus Tschira Stiftung getragen. Nun hat die Stiftung ihre Förderung verlängert und noch deutlich ausgeweitet. „Wir sind von der erstklassigen, wichtigen Arbeit von HeiGIT überzeugt und möchten dem Institut den notwendigen Rückhalt geben, qualitativ auf hohem Niveau zu forschen und weitere nützliche Anwendungen zum Wohle der Gesellschaft zu entwickeln“, sagt Carsten Könneker, Geschäftsführer der Klaus Tschira Stiftung.

Die mehr als 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am HeiGIT forschen und entwickeln derzeit in drei Kernbereichen: der intelligenten, maßgeschneiderten Mobilität, der Nutzung von Geodaten für die humanitäre Hilfe sowie der Künstlichen Intelligenz zur Analyse, Verarbeitung und Visualisierung von Geodaten. Alle drei Bereiche vereint das übergeordnete Ziel, für jeden frei verfügbare räumliche Daten mit Hilfe ausgefeilter Geoinformationstechnologie so aufzubereiten, dass gesellschaftlicher Nutzen daraus entsteht. „Das HeiGIT hat beachtenswerte Forschungsergebnisse vorzuweisen und ist ein wichtiger Inkubator für technologische Innovationen aus dem Bereich der Geoinformatik am Wissenschaftsstandort Heidelberg geworden“, sagt Bernhard Eitel, Rektor der Universität Heidelberg.  

Eine besondere Errungenschaft des HeiGIT ist ein weltweit einmaliges Open-Source-Software-Paket, das die Daten von OpenStreetMap, einer frei verfügbaren und editierbaren Karte, hinsichtlich der Nutzbarkeit und Güte analysiert. „Fehlende Geodaten oder solche mit mangelhafter oder fragwürdiger Qualität sind ein Problem für Hilfsorganisationen bei humanitären Einsätzen, insbesondere im globalen Süden“, sagt Alexander Zipf, Professor für Geoinformatik am Geographischen Institut der Universität Heidelberg und Geschäftsführer des HeiGIT. Mit Hilfe der Neuentwicklung können auch alle historischen Kartierungen nachvollzogen und geprüft werden. Die Qualität und damit auch die Nutzbarkeit der Daten wird dadurch gesichert und ist vor allem bei Hilfseinsätzen in wenig erschlossenen Gebieten von höchster Wichtigkeit. Aber nicht nur die Güte der Daten wird überprüft, sondern verschiedene Schnittstellen sorgen dafür, dass die Daten kompatibel für Web-Anwendungen oder andere geographische Auswertungs-Programme sind.

Das Institut agiert auch international und hat zudem einige Kooperationen mit außeruniversitären Partnern (z. B. Deutsches Rotes Kreuz, Missing Maps) geschlossen. Zwei Grundsätze ziehen sich außerdem wie ein roter Faden durch die vielen Projekte des HeiGIT: die Open-Source-Programmierung sowie der Citizen-Science-Ansatz. Denn bei vielen Projekten können auch Laien mitmachen. Ein Beispiel ist die vom HeiGIT mitentwickelte App „MapSwipe“ (MapSwipe.org), mit der jede und jeder mithelfen kann, noch vorhandene Lücken in Karten zu schließen. Die Aufgabe ist simpel: Auf Satellitenbildern sollen Nutzerinnen und Nutzer Gebäude oder Verkehrswege markieren. Die so gewonnenen Daten dienen wiederum den Experten zur Verbesserung der Kartenbasis. Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder das Rote Kreuz nutzen die App bereits und helfen so mit, dass die im Katastrophenfall dringend benötigten digitalen Karten bereitstehen.

Hintergrund:

Das Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) möchte den Wissens- und Technologietransfer aus der Grundlagenforschung im Bereich Geoinformatik in die Praxis verbessern – und dies auf Basis innovativer Geoinformationstechnologien. 2019 wurde das HeiGIT als An-Institut der Universität Heidelberg gegründet und wird seitdem von der Klaus Tschira Stiftung getragen. Das Institut forscht und entwickelt intelligente Routing- und Navigationsdienste für nachhaltige Mobilität und stellt Geodaten für die Unterstützung humanitärer Einsätze zur Verfügung. Zudem werden innovative Dienste aus dem Spatial Data Mining und Maschinellem Lernen zur Analyse, Verarbeitung, Anreicherung und Visualisierung von nutzergenerierten Geodaten (z.B. OpenStreetMap) eingesetzt. Weitere Informationen unter: https://heigit.org/de

Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen. Sie wurde 1995 von dem Physiker und SAP-Mitgründer Klaus Tschira (1940–2015) mit privaten Mitteln ins Leben gerufen. Ihre drei Förderschwerpunkte sind: Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Das bundesweite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Die Stiftung setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein. Weitere Informationen unter: www.klaus-tschira-stiftung.de

Universität Heidelberg: Die 1386 gegründete Ruperto Carola ist eine international ausgerichtete Forschungsuniversität, deren Fächerspektrum die Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften sowie die Natur-, Ingenieur- und Lebenswissenschaften einschließlich der Medizin umfasst. Ihre Erfolge in den Exzellenzwettbewerben – sie gehört zur Gruppe der deutschen Exzellenzuniversitäten – ebenso wie in internationalen Rankings belegen ihre führende Rolle in der Wissenschaftslandschaft. Es ist das Selbstverständnis der Universität Heidelberg, herausragende Einzeldisziplinen weiterzuentwickeln, die fächerübergreifende Zusammenarbeit zu stärken und ihre Forschungsergebnisse in die Gesellschaft zu tragen. Den rund 30 000 Studierenden bietet sie mit einem forschungsorientierten Studium in mehr als 180 Studiengängen eine nahezu einzigartige Vielfalt an Fächerkombinationen und individuellen Qualifikationswegen.

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