Treibhausgase aus der Atmosphäre entnehmen: Mit dem richtigen CO2-Preispfad wird eine exzessive Nutzung der umstrittenen Technologie vermieden

Technologien zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre (carbon dioxide removal oder CDR), wie Aufforstung oder Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, sind in den meisten Szenarien ein unverzichtbarer Bestandteil zur Begrenzung des Klimawandels. Ein übermäßiger Einsatz solcher Technologien birgt jedoch Risiken wie Landkonflikte oder verstärkte Wasserknappheit aufgrund einer hohen Nachfrage nach Bioenergiepflanzen. Um diesen Zielkonflikt anzugehen, hat ein Team von Forschenden aus Potsdam und Berlin nun Anforderungen an einen dynamischen, langfristigen CO2-Preispfad identifiziert, um die Nachfrage nach CO2-Entnahmetechnologien zu reduzieren und damit langfristige Risiken effektiv zu begrenzen. Der Ansatz minimiert Governance- und Nachhaltigkeitsbedenken, indem er einen marktbasierten und politisch umsetzbaren Ansatz vorschlägt.

„Der CO2-Preis muss zu Beginn hoch genug sein, um sicherzustellen, dass die Emissionen schnell reduziert werden und relativ schnell Emissionsneutralität erreicht wird“, erklärt Erstautorin Jessica Strefler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Wenn wir das erreicht haben, sollte die Preiskurve abflachen, um eine übermäßige CO2-Entnahme zu vermeiden. Das kann eine echte Win-Win-Situation sein: Ein solcher Preispfad reduziert sowohl die Risiken, die mit einer zunehmenden Abhängigkeit von der CO2-Entnahme verbunden sind, als auch die wirtschaftlichen Risiken sehr hoher CO2-Preise in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts.“

Kosten, Ökosysteme, Landnutzungskonflikte

Derzeit diskutierte und zum Teil bereits implementierte Technologien zur CO2-Entnahme wie Wiederaufforstung, direkte Luftabscheidung oder Bioenergie, jeweils in Kombination mit geologischer CO2-Speicherung, könnten vielversprechende Möglichkeiten sein um Emissionsreduktionen zu ergänzen. Diese Technologien sind notwendig, um die verbleibenden wenigen Prozent der Emissionen zu kompensieren und Emissionsneutralität zu erreichen. Allerdings könnten bei einer groß angelegten, weltweiten Einführung erhebliche Risiken wie hohe wirtschaftliche Kosten, verstärkte Wasserknappheit oder Landnutzungskonflikte entstehen.

Ein solcher großflächiger Einsatz wäre nur dann notwendig, wenn die Emissionen zu wenig oder zu spät reduziert würden, so dass nach dem Erreichen des Ziels netto-negative Emissionen zur Senkung der globalen Mitteltemperatur notwendig würden. Beide Effekte könnten mit einem ausreichend hohen CO2-Preis zu Beginn vermieden werden. Selbst wenn dies nicht notwendig wäre, könnte ein übermäßiger CDR-Anreiz geschaffen werden, wenn der Kohlenstoffpreis nach der Emissionsneutralität weiter ansteigt.

Nach steilem Anstieg muss CO2-Preis konstant bleiben

„Die Bepreisung von Kohlenstoff ist der Schlüssel, um Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen – es gibt offen gesagt keinen anderen Weg, um dieses Ziel zu erreichen“, sagt Ko-Autor Ottmar Edenhofer, Direktor sowohl des PIK als auch des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). „Nach einem hohen Start und einem ziemlich steilen Anstieg sollte sich die Preiskurve abflachen, sobald die Emissionsneutralität erreicht ist, aber sie muss auf einem hohen Niveau bleiben, wenn wir sowohl eine fossilfreie Welt als auch ein vernünftiges Maß an Kohlendioxid-Entnahme beibehalten wollen. Unsere Berechnungen zeigen in der Tat, dass wir während des gesamten 21. Jahrhunderts eine substanzielle Bepreisung von CO2-Emissionen benötigen – mit positiven Auswirkungen sowohl für die Wirtschaft als auch für die Menschen.“

Artikel: Jessica Strefler, Elmar Kriegler, Nico Bauer, Gunnar Luderer, Robert C. Pietzcker, Anastasis Giannousakis, Ottmar Edenhofer. Alternative carbon price trajectories can avoid excessive carbon removal. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-021-22211-2.

Link zum Artikel: https://www.nature.com/articles/s41467-021-22211-2

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