- Erfindungen im Bereich der Stromspeicherung haben im letzten Jahrzehnt weltweit um jährlich 14 % zugenommen, wie aus einer gemeinsamen Studie des Europäischen Patentamts und der Internationalen Energieagentur hervorgeht
- Die Verfügbarkeit von Batterien und anderen Energiespeichern muss sich bis 2040 verfünfzigfachen, wenn die weltweiten Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele erreicht werden sollen
- Elektromobilität ist heute der Haupttreiber für Innovationen im Batteriesektor
- Fortschritte bei wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien stehen im Fokus der meisten neuen Erfindungen
- Deutschland ist Innovationsführer in Europa; Bosch einziger europäischer Top-10-Patentanmelder
Ohne leistungsfähige Stromspeicher keine Energiewende: Wie eine gemeinsame Studie des Europäischen Patentamts (EPA) und der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigt, nahm die weltweite Patentierungstätigkeit in der Batterietechnik und anderen Stromspeichertechnologien zwischen 2005 und 2018 mit einer jährlichen Durchschnittsrate von 14 % viermal schneller zu als im Querschnitt aller technischen Gebiete. Aus dem heute veröffentlichten Bericht "Innovationen bei Batterien und Stromspeichern – eine globale Analyse anhand von Patentdaten" geht hervor, dass fast 90 % der gesamten Patentierungsaktivität im Bereich der Stromspeicherung auf die Batterietechnik entfällt und dass der Zuwachs an Innovation vor allem auf Fortschritte bei wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien für Verbraucherelektronik und für Elektroautos zurückzuführen ist. Während Japan und Südkorea in der Batterietechnik eine starke weltweite Führungsposition einnehmen, ist Deutschland europäischer Innovationsführer in diesem Bereich. Bosch belegt Platz fünf im Ranking der aktivsten Patentanmelder. Mit Daimler, BASF und Volkswagen sind drei weitere deutsche von insgesamt sechs europäischen Unternehmen unter den Top-25-Anmeldern.
Wie die Studie zeigt, haben technischer Fortschritt und Massenproduktion in einem zunehmend ausgereiften Industriezweig in den vergangenen Jahren zu einer deutlichen Preissenkung am Batteriemarkt geführt – bei Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge um fast 90 % seit 2010 und bei stationären Anwendungen einschließlich Stromnetzmanagement im gleichen Zeitraum um rund zwei Drittel.
Die IEA geht in ihrem Nachhaltigkeitsszenario davon aus, dass 2040 eine Energiespeicherkapazität von annähernd 10 000 GWh in Form von Batterien und sonstigen Speichern benötigt wird, damit die Welt die Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele einhalten kann – fast das Fünfzigfache des heutigen Werts.
„Die Stromspeichertechnologie ist ausschlaggebend, wenn es darum geht, die Nachfrage nach Elektromobilität zu decken und den notwendigen Übergang zu erneuerbaren Energien zu schaffen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken", sagte EPA-Präsident António Campinos. „Der rapide und anhaltende Innovationszuwachs im Bereich der Stromspeicherung zeigt, dass Erfinder und Unternehmen die Herausforderung der Energiewende angehen. Die Patentdaten lassen erkennen, dass Asien in dieser strategischen Branche zwar deutlich führt, die USA und Europa aber auf ein breites Innovationsökosystem mit einer Vielzahl von KMU und Forschungseinrichtungen zählen können und so bei der Entwicklung der nächsten Generation von Batterien im Rennen bleiben dürften."
„Die IEA-Prognosen machen deutlich, dass die Energiespeicherung in den kommenden Jahrzehnten exponentiell wachsen muss, damit die Welt die internationalen Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele einhalten kann. Beschleunigte Innovation wird für dieses Wachstum von entscheidender Bedeutung sein", sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol.
Innovation im Bereich der Stromspeicherung wächst rapide
Der Bericht stellt die wichtigsten Innovationstrends im Bereich der Stromspeicherung zwischen 2000 und 2018 vor, gemessen an internationalen Patentfamilien, denen jeweils eine hochwertige Erfindung zugrunde liegt, für die Patentanmeldungen bei zwei oder mehr Patentämtern weltweit eingereicht worden sind. Da Patentanmeldungen viele Monate oder gar Jahre vor der Vermarktung eines Produkts eingereicht werden, gelten sie als Frühindikator für Technologietrends.
Im Bereich der Stromspeicherung haben Unternehmen weltweit seit 2000 mehr als 65 000 internationale Patentfamilien (IPF) eingereicht. Die Studie zeigt, dass die jährliche Zahl der IPF in diesem Sektor von rund 1 500 im Jahr 2005 auf über 7 000 im Jahr 2018 stark gestiegen ist. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate von 14 % seit 2005 haben diese IPF den durchschnittlichen jährlichen Anstieg in allen Technologiefeldern im gleichen Zeitraum (3,5 %) erheblich übertroffen.
Zwischen 2000 und 2018 entfielen neun von zehn Stromspeicherpatenten auf Erfindungen in der Batterietechnik, mit sehr großem Abstand gefolgt von elektrischen (9 %), thermischen (5 %) und mechanischen (3 %) Speicherlösungen.[1] Hinzu kommt, dass der starke Aufwärtstrend der letzten Jahre – mit einem neuen Höchststand 2018 – so nur in der Batterietechnik zu verzeichnen war. Dies unterstreicht, wie stark das aktuelle Innovationsgeschehen bei Stromspeichern durch die Batterietechnik dominiert wird.
Deutschland Innovationsführer in Europa
Die Studie macht deutlich, dass Unternehmen aus Asien im globalen Wettlauf um Batterietechnik eine klare Führungsposition innehaben, wobei japanische und südkoreanische Unternehmen an der Spitze stehen. Deutschland nimmt in Europa eine Führungsposition bei den innovativen Stromspeichern ein und ist allein für mehr als die Hälfte der IPF aus Europa verantwortlich. Die Bundesrepublik weist zudem im innereuropäischen Vergleich eine stärkere Spezialisierung bei den batterietechnischen Innovationen auf: So liegt der relative Spezialisierungsindex[2] – oder Revealed Technological Advantage (RTA) – für 2014 bis 2018 bei knapp 1 (0,97). Zwischen 2000 bis 2013 lag er noch bei 0,7 und damit nahe am europäischen Mittel von 0,6. Im globalen Vergleich befindet sich Deutschland damit hinter Südkorea (2,2) und Japan (1,7), aber vor China (0,8) und den USA (0,6).
Bosch international in Spitzengruppe mit asiatischen Unternehmen
Bosch behauptet sich als einziges europäisches Unternehmen in der Top-10-Anmelderliste von IPF für Batterien, wobei ein Blick auf die Patentstatistiken von Bosch zeigt, dass die Patentaktivitäten des Konzerns im Bereich Batterietechnik im letzten Jahrzehnt stark angezogen haben und – beispielsweise mit Erfindungen im Bereich integrationstechnische Technologien (Batteriepacks) – auf automobile Anwendungen gerichtet sind. Insgesamt sind neun der zehn weltweit führenden Anmelder von batteriebezogenen Patenten asiatische Unternehmen. Zwei Drittel der 25 wichtigsten Anmelder stammen aus Asien, aber immerhin auch sechs aus Europa – wobei mit Daimler (20.), BASF (22.) und Volkswagen (24.) drei weitere deutsche Unternehmen vertreten sind – sowie zwei aus den USA. Auf die fünf führenden Anmelder (Samsung, Panasonic, LG, Toyota und Bosch) entfiel zwischen 2000 und 2018 über ein Viertel aller internationalen Patentfamilien.
Europa mit Vielzahl von KMU und Forschungseinrichtungen
Wenn es um Innovation in der Batterietechnik geht, spielen in Europa und den USA auch kleinere Unternehmen, Hochschulen und öffentliche Forschungseinrichtungen eine wichtige Rolle. In Europa entfallen 15,9 % der entsprechenden internationalen Patentfamilien auf KMU und 12,7 % auf Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Ganz anders stellt sich die Situation in Japan (3,4 % bzw. 3,5 %) und in der Republik Korea (4,6 % bzw. 9,0 %) dar.
Aufschwung der Elektromobilität treibt Innovation in der Lithium-Ionen-Technik voran
Der Bericht zeigt, dass die bei tragbaren Elektronikgeräten und bei Elektrofahrzeugen dominierende Lithium-Ionen-Technik seit 2005 der stärkste Innovationstreiber im Batteriesektor ist. 2011 löste Elektromobilität die Verbraucherelektronik als größten Impulsgeber für Erfindungen im Zusammenhang mit Lithium-Ionen-Batterien ab (Siehe Grafik : Zahl der internationalen Patentfamilien für Anwendungen von Batteriepacks 2000 – 2018). Verbesserungen bei den Batteriepacks für Elektroautos hatten positive Auswirkungen auf stationäre Anwendungen einschließlich des Stromnetzmanagements.
Der Bericht zeigt auch, dass sich die Patentierungstätigkeit im Bereich der Batteriezellfertigung und -konstruktion in den letzten zehn Jahren verdreifacht hat. Diese beiden Bereiche zusammen machten 2018 fast die Hälfte (47 %) der gesamten Patentierungstätigkeit im Zusammenhang mit Batteriezellen aus – ein klarer Hinweis auf die Reife der Branche und die strategische Bedeutung der Entwicklung einer effizienten Massenproduktion.
Darüber hinaus gewinnen auch andere Speichertechnologien wie Superkondensatoren und Redox-Flow-Batterien rasch an Bedeutung: Sie haben das Potenzial, einige der Schwächen von Lithium-Ionen-Batterien zu überwinden.
[1] Die Anteile summieren sich auf mehr als 100 %, weil eine Erfindung mehrere Teilbereiche der Stromspeichertechnologie betreffen kann. Patentanmeldungen, die für mehr als einen Bereich relevant sind, werden daher jedem dieser Bereiche zugeordnet.
[2] Der relative Spezialisierungsindex (RTA) zeigt die Spezialisierung eines Landes in Bezug auf die Innovation der Batterietechnik im Verhältnis zu seiner Gesamtinnovationskapazität
Weiterführende Informationen
Zusammenfassung der Studie lesen (DE)
Gesamte Studie lesen (EN)
Hinweise an Redakteure
Internationale Patentfamilien
Die Patentanalyse in diesem Bericht basiert auf dem Konzept der internationalen Patentfamilien (IPF). Jede IPF steht für eine einzelne Erfindung und umfasst Patentanmeldungen, die in mindestens zwei Ländern oder bei einem regionalen Patentamt eingereicht und dort veröffentlicht wurden, sowie veröffentlichte internationale Patentanmeldungen. IPF repräsentieren Erfindungen, die von ihrem Schöpfer für wertvoll genug erachtet werden, um internationalen Patentschutz anzustreben. Nur ein relativ kleiner Prozentsatz der Anmeldungen schafft es tatsächlich über diese Schwelle. Dieses Konzept kann daher als aussagekräftige Grundlage für den Vergleich internationaler Innovationsaktivitäten herangezogen werden, da es die Verzerrungen reduziert, die beim Vergleich von Patentanmeldungen bei verschiedenen nationalen Patentämtern entstehen können.
Die Internationale Energieagentur
Die Internationale Energieagentur (IEA) steht im Mittelpunkt des globalen Energiedialogs und liefert maßgebliche Analysen, Daten, politische Empfehlungen und praktische Lösungen, um Ländern dabei zu helfen, eine sichere und nachhaltige Energiezukunft für alle zu schaffen. Die IEA setzt sich für eine Politik ein, die die Zuverlässigkeit, Bezahlbarkeit und Nachhaltigkeit von Energie zum Ziel hat, und dabei alle Brennstoffe und alle Technologien berücksichtigt. Die IEA unterstützt die Energiewende auf der ganzen Welt, um zur Erreichung globaler Nachhaltigkeitsziele beizutragen.
Mit fast 7 000 Bediensteten ist das Europäische Patentamt (EPA) eine der größten Behörden in Europa. Das EPA, das seinen Hauptsitz in München sowie Niederlassungen in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien hat, wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit zwischen den Staaten Europas auf dem Gebiet des Patentwesens zu stärken. Dank des zentralisierten Verfahrens vor dem EPA können Erfinder hochwertigen Patentschutz in bis zu 44 Staaten erlangen, die zusammen einen Markt von rund 700 Millionen Menschen umfassen. Außerdem ist das EPA weltweit führend in den Bereichen Patentinformation und Patentrecherche.
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