Forschungszulage an die Erfordernisse der Corona-Krise anpassen

Die Corona-Krise trifft die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen deutscher Unternehmen hart. Eine Befragung des BDI von rund 250 Mitgliedsunternehmen hat ergeben, dass fast 40 Prozent der befragten, zumeist kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ihre internen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten (FuE) infolge der Krise gestoppt oder vermindert haben.

Die Expertenkommission Forschung und Innovation begrüßt daher ausdrücklich, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als Teil des Konjunkturprogramms ein Aktivierungsprogramm aufgesetzt hat, das auch auf die Förderung innovativer KMU abzielt. Im Rahmen dieses Pakets soll auch die steuerliche Forschungsförderung ausgebaut werden. Konkret geplant ist, den Förderdeckel der Anfang des Jahres in Kraft getretenen Forschungszulage von 500.000 Euro auf eine Million Euro pro Jahr zu verdoppeln.

Die Expertenkommission ist besorgt, dass die Gruppe der KMU kaum von der Anhebung des Förderdeckels profitiert. Dies ergibt sich aus der Ausgestaltung der Forschungszulage. Diese gewährt sämtlichen steuerpflichtigen Unternehmen, ungeachtet der Unternehmensgröße, des Erwerbszwecks und der Gewinnsituation, eine Förderung in Höhe von 25 Prozent der internen FuE-Personalkosten. Die Bemessungsgrundlage für die Förderung ist gedeckelt. Ein Unternehmen kann daher pro Jahr maximal zwei Millionen Euro an internen FuE-Personalkosten geltend machen. Die Fördersumme beläuft sich somit auf maximal 500.000 Euro jährlich.

Eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage auf vier Millionen Euro interne FuE-Personalkosten führt zwar dazu, dass sich die maximale Fördersumme auf eine Million Euro verdoppelt. Allerdings kommt diese Förderung nur einem kleinen Teil der forschenden Unternehmen zugute. Hierbei handelt es sich vor allem um große Unternehmen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Expertenkommission auf Grundlage einer Auswertung der FuE-Erhebung des Stifterverbandes. Diese Vollerhebung weist fast 15.000 Unternehmen mit FuE-Personalkosten aus. Bei rund 90 Prozent dieser Unternehmen liegen die FuE-Personalkosten bei bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr. Lediglich etwa 10 Prozent, zumeist mittlere und große Unternehmen, verzeichnen jährliche FuE-Personalkosten von über zwei Millionen Euro. Von diesen Unternehmen zählen rund 1.120 (fast 8 Prozent aller erfassten Unternehmen) zur Gruppe der Großunternehmen mit 250 oder mehr Beschäftigten und lediglich rund 360 (etwa 2 Prozent aller erfassten Unternehmen) zur Gruppe der KMU mit maximal 249 Beschäftigten.

Somit dürfte also nur eine vergleichsweise kleine Zahl von Unternehmen von einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage profitieren. Und diese Unternehmen zählen zum allergrößten Teil zu den Großunternehmen und nicht zu den KMU, die das BMBF eigentlich zu unterstützen beabsichtigt. Um KMU in der Breite zu unterstützen, empfiehlt die Expertenkommission daher die Prüfung dreier alternativer Vorgehensweisen:

Alternative 1 – Auftragsforschung: Fördersatz von 60 auf 80 Prozent erhöhen

Innovative KMU können besser unterstützt werden, indem die von ihnen in Auftrag gegebenen FuE-Vorhaben stärker gefördert werden und dadurch eine höhere Fördersumme erhalten, sofern sie den maximal förderfähigen Aufwand von zwei Millionen Euro nicht erreichen. Aktuell können Unternehmen 60 Prozent der Kosten eines Forschungsauftrags für eine Förderung geltend machen. Von diesen Kosten werden 25 Prozent erstattet. Um die Vergabe von Auftragsforschungsprojekten für Unternehmen attraktiver zu gestalten, schlägt die Expertenkommission vor, dass der Auftraggeber künftig 80 anstatt 60 Prozent der Auftragskosten für eine Förderung anrechnen lassen kann. Diese Änderung könnte für einen beschränkten Zeitraum – beispielsweise bis 2025 – gelten und dürfte mit vergleichsweise geringem Verwaltungsaufwand umsetzbar sein.

Alternative 2 – Bemessungsgrundlage: FuE-Personalkosten um ein Drittel erhöhen

Alternativ könnte die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Forschungszulage verändert werden. Damit ließe sich das aus Sicht der Expertenkommission wichtige Ziel verbinden, dass nicht nur Forschungsaufträge gefördert werden, sondern auch die FuE-Tätigkeiten, die Unternehmen selbst durchführen. Aktuell wird die Forschungszulage auf Grundlage der im Unternehmen entstandenen FuE-Personalkosten bemessen. Die Expertenkommission schlägt vor, dass Unternehmen diesen Betrag pauschal um ein Drittel erhöhen dürfen. Die Erhöhung um ein Drittel entspräche der oben vorgeschlagenen Heraufsetzung des Fördersatzes für Forschungsaufträge von 60 auf 80 Prozent.

Auf diese Weise könnten sämtliche Unternehmen mit internen FuE-Tätigkeiten höhere FuE-Personalkosten geltend machen und – sofern sie den Deckelungsbetrag von zwei Millionen Euro nicht überschreiten – eine höhere Förderung erhalten. Diese Regelung käme vor allem den rund 90 Prozent aller Unternehmen zugute, die weniger als zwei Millionen Euro für FuE-Personal ausgeben – und die zum allergrößten Teil der Gruppe der KMU zuzuordnen sind.

Alternative 3 – Fördersatz: FuE-Personalkosten zu 35 statt 25 Prozent anrechnen

Eine dritte Option zur Unterstützung der innovativen KMU wäre die Erhöhung des Fördersatzes von aktuell 25 Prozent auf 35 Prozent der FuE-Personalkosten. Die derzeitige Festlegung des Fördersatzes auf 25 Prozent ist durch das Beihilferecht begründet. Es begrenzt die staatliche Förderung von Forschungsvorhaben je nachdem, um welche Art von Förderung es sich handelt. So kann der Staat die Grundlagenforschung mit einem Fördersatz von 100 Prozent, die industrielle Forschung mit 50 Prozent und die experimentelle Entwicklung mit 25 Prozent fördern. Um eine Klassifizierung und die damit einhergehende Prüfung der zur Förderung vorgelegten Forschungsvorhaben zu vermeiden, sieht das Forschungszulagengesetz lediglich den minimalen Fördersatz von 25 Prozent vor. Die Expertenkommission plädiert jedoch angesichts des drohenden Rückgangs von FuE-Aktivitäten dafür, diese – grundsätzlich sinnvolle – Regelung temporär auszusetzen. Bis zum Jahr 2025 sollten beihilferechtliche Regelungen und der daraus resultierende Verwaltungsmehraufwand hinter der Notwendigkeit des wirtschaftlichen Wiederaufbaus und des Erhalts von FuE-Kapazitäten zurückstehen.

Um die skizzierten Maßnahmen rasch umzusetzen, muss die Einrichtung der Bescheinigungsstelle für FuE-Vorhaben mit erhöhtem Nachdruck betrieben werden. Die Expertenkommission mahnt, dass eine Verzögerung beim Aufbau der Bescheinigungsstelle gerade in der Corona-Krise den Erhalt von FuE-Kapazitäten in Deutschland gefährdet.

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