Die zunehmende Dynamisierung des Stromtransportnetzes macht die Entwicklung einer neuen Generation von Netzleitwarten nötig. Das deutsche Stromnetz wird von vier Leitwarten zentral koordiniert. Sie steuern nicht nur den Stromdurchfluss im Regelbetrieb, sondern müssen auch Störungen möglichst rasch erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten. Durch die Energiewende sind die Anforderungen an das Stromnetz jedoch enorm gestiegen. Gab es bislang wenige Großkraftwerke, die Strom ins Netz einspeisten, werden diese mehr und mehr durch unzählige, im ganzen Land weit verstreute kleine und mittlere Erzeuger überwiegend erneuerbarer Energien ersetzt. Mit zunehmender Anzahl dezentraler Erzeugungsanlagen bei gleichzeitig reduzierter konventioneller Kraftwerksleistung nimmt die Störanfälligkeit des elektrischen Energieversorgungssystems zu. Auch die Zeit, die bleibt, um auf kritische Störungen zu reagieren, wird dadurch immer kürzer. Die bisherigen Leitwarten sind diesen höheren Anforderungen nicht mehr gewachsen.
Die nun an der TU Ilmenau aufgebaute Netzleitwarte verfügt über verbesserte Steuerungs- und Regelungstechniken, die das hochdynamische Stromnetz überwachen und mit einer Autopilot-Funktionalität aus der Ferne selbstständig stabil halten. Zudem gibt sie konkrete Handlungsempfehlungen, um Ausfällen vorzubeugen. Das System hat, ähnlich wie Assistenzsysteme beim Auto, zwei Aufgaben: den Netzbetrieb / die Fahrt selbsttätig so zu regeln, dass diese jederzeit möglichst ruhig und stabil bleiben, und Hindernisse oder Störungen so frühzeitig zu erkennen, dass diese vermieden werden können. Bislang waren gefährliche, dynamische Vorgänge im Netz, die bis zum Blackout führen können, so genannte Redispatches, nur schwer zu handhaben und verursachten Kosten von bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr. Einfacher und vor allem günstiger ist es, die Leitungen optimal auszulasten und nur bei Überlastung einzugreifen. Dies ermöglichen innovative Monitoring- und Steuerungsprogramme der neuen Netzleitwarte, die die gefährlichen Situationen, die bei Überlast entstehen, sichtbar machen und notwendige Gegenmaßnahmen viel schneller als menschliches Personal einleiten.
Partner des Projekts DynaGridCenter waren Siemens, die Technische Universität Ilmenau, die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, die Ruhruniversität Bochum, das Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und Automatisierung (IFF) in Magdeburg sowie das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Institutsteil Angewandte Systemtechnik (IOSB-AST) in Ilmenau. Das Anschlussprojekt InnoSys2030 wird nun zeigen, wie die Systeme in realen Stromnetzen funktionieren.
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