Upcycling statt Recycling
Dr.-Ing. Tapio Harmia, Geschäftsführer der Firma EASICOMP, erläutert: „Wir wollen gebrauchtes PET nicht nur einfach als Getränkeflaschen recyceln, sondern zur Herstellung hochwertiger und langlebiger Produkte einsetzen. Diese Idee bezeichnet man als Upcycling.“ Dr. Volker Strubel, Verbundkoordinator des Projekts, ergänzt: „Mit diesem Upcycling stellen wir aus Recycling-PET neue glasfaserverstärkte Leichtbau-Teile her und reduzieren so den Einsatz von Polyamiden zur Produktion von Automobilbauteilen wie Motorlager oder Montageträger.“
Im Projekt UpcyclePET nutzen die Partner Kompetenzen aus der Material- und Prozessentwicklung, um einen integrierten Fertigungsprozess zur Herstellung glasfaser-verstärkter PET-Bauteile zu entwickeln. Dabei kommt ein Strangziehverfahren (Pultrusionsprozess) zum Einsatz, mit dem der PET-Kunststoff mit Langglasfasern verstärkt und dadurch technisch aufgewertet wird. Dieser Ansatz kombiniert die mechanischen Vorteile der besonders stabilen Langglasfasern mit den vorteilhaften Eigenschaften von PET. Dazu gehören etwa die geringe Quellfähigkeit und gute Dimensionsstabilität. „Das Besondere dieses Ansatzes besteht darin, zwei in der heutigen Praxis entkoppelt laufende Prozessschritte zu kombinieren und die Eigenschaften des eingesetzten Recycling-PET durch Additivierung und Modifikation gezielt maßzuschneidern“, erläutert Dr. Frank Schönberger vom Fraunhofer LBF.
Weil alle erforderlichen Prozessschritte in nur einer Anlage erfolgen, ist die Produktion besonders kostengünstig. Am Beispiel eines Leichtbauteils aus der Automobilindustrie bewertet das Projektteam die Potenziale für den technischen Ersatz des Materials und zeigt mögliche ökologische wie ökonomische Vorteile auf. Dr. Andreas R. Köhler vom Öko-Institut dazu: „Wir erwarten vom UpcyclePET-Projekt einen Innovationsschub für ein hochwertiges Recycling von Kunststoffabfällen in Deutschland. Das Upcycling von PET-Abfällen birgt das Potenzial für deutliche Umweltvorteile, weil langlebige Produkte entstehen und Kunststoffarten mit wesentlich höherem Treibhausgaspotenzial ersetzt werden können.“
Hintergrund: Recycling von PET-Flaschen
Der Trend zum Recycling von Polyethylenterephthalat (PET) aus Flaschenabfällen hat in Deutschland ein hohes Niveau erreicht. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland dank des eingeführten Pfandsystems über 97 Prozent des Flaschen-PET wiederverwertet. Sie stellen damit eine wertvolle Quelle für Recycling-PET dar, das sowohl für die Produktion neuer PET-Flaschen Verwendung findet als auch, vor allem in Asien, zu Textilien verarbeitet wird. Diese Abfälle können aber auch im Sinne eines besonders hochwertigen Recyclings („Upcycling“) dazu genutzt werden, langlebige technische Anwendungen jenseits der Verpackungs- und Textilindustrie zu erschließen. Dieser Ansatz gewinnt besonders an Bedeutung, seitdem China zum Jahresbeginn einen Importstopp von Kunststoffabfällen in Kraft gesetzt hat.
Über die Projektpartner
Die Firma EASICOMP GmbH ist einer der führenden Hersteller auf dem Gebiet von langglasfaserverstärkten Thermoplasten mittels Strangziehverfahren und zeichnet sich für die großtechnische Umsetzung des langglasfaserverstärkten UpcyclePET verantwortlich. Das Fraunhofer LBF wendet seine umfangreiche Expertise in der Additivierung, Modifikation und Verarbeitung technischer Kunststoffe im Projekt zur maßgeschneiderten Material- und Prozessentwicklung an. Das Öko-Institut e. V. führt ökologische und ökonomische Analysen zu den relevanten Nachhaltigkeitseffekten (Ressourcen-, Energie- und CO2-Einsparung etc.) durch. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Projekt im Rahmen der Förderlinie „KMU Innovativ“ finanziell.
Das Fraunhofer LBF in Darmstadt steht seit 80 Jahren für Sicherheit und Zuverlässigkeit von Leichtbaustrukturen. Mit seinen Kompetenzen auf den Gebieten Betriebsfestigkeit, Systemzuverlässigkeit, Schwingungstechnik und Polymertechnik bietet das Institut heute Lösungen für wichtige Querschnittsthemen der Zukunft: Systemleichtbau, Funktionsintegration und cyberphysische maschinenbauliche Systeme. Im Fokus stehen dabei Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen wie Ressourceneffizienz und Emissionsreduktion sowie Future Mobility. Umfassende Kompetenzen von der Datenerfassung im realen betrieblichen Feldeinsatz über die Datenanalyse und die Dateninterpretation bis hin zur Ableitung von konkreten Maßnahmen zur Auslegung und Verbesserung von Material-, Bauteil- und Systemeigenschaften bilden dafür die Grundlage. Die Auftraggeber kommen u.a. aus dem Automobil- und Nutzfahrzeugbau, der Schienenverkehrstechnik, dem Schiffbau, der Luftfahrt, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Energietechnik, der Elektrotechnik, der Medizintechnik sowie der chemischen Industrie. Sie profitieren von ausgewiesener Expertise der über 400 Mitarbeiter und modernster Technologie auf mehr als 11 560 Quadratmetern Labor- und Versuchsfläche.
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