Seine Forderungen formuliert der Anwenderverband pünktlich zu den Sondierungsgesprächen und rechtzeitig vor den Verhandlungen zum Themenblock Bildung, Forschung, Innovation, Digitales und Medien, der in den nächsten Wochen von den Koalitionären in spe abgearbeitet werden soll.
„In den letzten Monaten haben wir im Mitgliederkreis intensiv darüber diskutiert, in welche Richtung die Politik das Thema Digitalisierung treiben müsste, um den Wirtschaftsstandort Deutschland optimal zu positionieren. Auch in den Arbeitsgruppen des VOICE ENTSCHEIDERFORUM Ende September 2017 in Berlin war die Ausrichtung der künftigen Digitalpolitik ein wichtiger Diskussionspunkt. Unsere neun Forderungen sind das Ergebnis dieser intensiven und breitgefächerten Diskussionen“, erklärte Dr. Thomas Endres, Vorsitzender des VOICE-Präsidiums.
Dabei betreffen die VOICE-Forderungen nicht nur die auch in der Öffentlichkeit breit besprochenen Themen wie Breitbandausbau, Bildung, Digitalisierungsministerium und Sicherheit. VOICE geht es zum Beispiel auch um faire Wettbewerbsbedingungen, Datenschutz und darum, Unternehmen in ihren Bemühungen um mehr Agilität und Flexibilität zu unterstützen.
In diesem Punkt fordert VOICE zum Beispiel, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erneut zu überprüfen. „Viele unserer Mitglieder wissen nicht, wie sie sich jetzt verhalten sollen. Das führt dazu, dass sie zurzeit gar keine Aufträge an Freiberufler mehr vergeben oder sogar bestehende Vereinbarungen mit Freiberuflern kündigen. Das gefährdet nicht nur etliche kritische Digitalisierungs- und IT-Projekte, sondern schneidet gerade mittelständische Anwenderunternehmen von aktuellem IT-Know-how ab“, kommentierte Endres.
Auch die unterschiedliche Interpretation des Datenschutzgesetzes durch die verschiedenen Landesdatenschutzbeauftragten behindert die Unternehmen in ihren Digitalisierungsbemühungen beklagte Endres. „Es kann doch nicht sein, dass das Bundesdatenschutzgesetz und künftig die Europäische Datenschutzgrundverordnung in Hamburg anders ausgelegt wird als in Bayern. Das führt zur Verunsicherung der Unternehmen und schlimmstenfalls zu Wettbewerbsverzerrungen.“
Bei den bereits in der breiten Öffentlichkeit diskutierten Themen lenkt der Anwenderverband den Blick sehr deutlich auf die Interessen der Anwenderunternehmen in Deutschland und führt einige neue Argumente in die Debatte ein.
Hier die neun Forderungen von VOICE im Wortlaut:
1. Breitbandausbau bis 10 Gigabit pro Sekunde zum vordringlichen Infrastrukturziel erklären
Flächendeckender breitbandiger Internetzugang ist entscheidend für Wachstum und Wohlstand in Deutschland – und künftig genauso wichtig wie die klassische Verkehrsinfrastruktur. Deshalb fordert VOICE die Bundesregierung auf, ihre Breitbandziele drastisch nach oben zu korrigieren und zwar analog zu den mit 5G-Technologien erreichbaren 10 Gigabit pro Sekunde. Mit einer Kombination aus Glasfaser und 5G-Mobilfunk ließen sich solche Bandbreiten bis 2025 flächendeckend realisieren.
Voraussetzung dafür sind allerdings massive Investitionen des Bundes in die digitale Infrastruktur – auch hier können klassische Infrastrukturen (Verkehr, Energie, Wasser) als hilfreiche Analogien gesehen werden. Ohne den festen politischen Willen und öffentliche Investitionen kann der flächendeckende Breitbandausbau bis in den Gigabit-Bereich nicht gelingen, weil er sich mittelfristig für die Provider nicht lohnen würde, bzw. die Anschlussgebühren für die privaten und kommerziellen Verbraucher zu hoch würden.
2. Sicherheitsniveau an die Anforderungen der digitalen Gesellschaft anpassen
Es ist klar, dass sich mit der Digitalisierung die Angriffsfläche vergrößert. Beim Thema Digitalisierung geht es nicht mehr nur um klassische private und kommerzielle IT-Systeme, sondern auch um Produktionsanlagen, klassische Infrastrukturen wie Energieversorgung, Gesundheitswesen und Verkehr. Durch die Angriffe in letzter Zeit ist mehr als deutlich geworden, dass das heutige Sicherheitsniveau nicht ausreicht, um die digitale Gesellschaft entsprechend zu schützen. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir können nicht in autonomen Autos reisen oder LKWs unsere Waren autonom transportieren lassen, wenn wir sie nicht besser schützen als unsere Büro-Anwendungen.
Deshalb fordert VOICE eine Expertengruppe, die messbare Sicherheitsziele definiert und Strategien für ihre Umsetzung entwickelt. In diesen Strategien sollen sich folgende Grundsätze spiegeln:
- Security by Cooperation – mehr Sicherheit durch den intensiven Austausch von Angriffstrends, Lagedaten und Best Practice aller Beteiligten (Anwenderunternehmen, Anbieter, Forscher, Sicherheitsbehörden);
- Security by Design – Security muss inhärenter Bestandteil des Software-Entwicklungsprozesses werden. Es sollten Kriterien entwickelt und kontrolliert werden, die die Sicherheit von Softwareprodukten messbar beschreiben (ähnlich dem CE-Zertifikat);
- Security by State – Der Gesetzgeber muss klare Regeln dafür schaffen, was im digitalen Raum verboten ist. Nur wenn Unternehmen und Privatpersonen starkes Vertrauen in die digitalen Systeme setzen, werden sie die großen Veränderungen in ihrem Leben und die Allgegenwärtigkeit digitaler Technologien und Service akzeptieren.
3. Digitale Bildung und Weiterbildung unterstützen
Wesentliche Voraussetzung für die Gestaltung einer erfolgreichen digitalen Gesellschaft ist die Entwicklung eines umfassenden Bildungs- und Weiterbildungsprogramms. Die Bildungspolitik muss dafür ihre föderalen Grenzen überwinden und starke Bildungsangebote entwickeln – im schulischen, universitären und im Bereich der beruflichen (Weiter-)Bildung. Dazu müssen für Lehrer digitale Weiterbildungsmaßnahmen konzipiert und die Teilnahme daran verpflichtend gemacht werden. Im universitären Bereich sollte ähnlich wie bei der Exzellenzstrategie ein Programm entwickelt werden, das Hochschulen mit herausragenden digitalen Angeboten fördert. In der beruflichen Weiterbildung gilt es, für weiterbildende Unternehmen Steuererleichterungen zu entwickeln und die Bundesagentur für Arbeit in die Pflicht zur digitalen Weiterbildung zu nehmen. Darüber hinaus sollten Verbände gefördert werden, die für ihre Mitglieder digitale Weiterbildungsprogramme entwickeln und/oder realisieren.
4. Standortstärken stärken
Die Stärke der deutschen Wirtschaft liegt zum einen in ihrer starken Fertigungswirtschaft und zum anderen in der Vielzahl der mittelständischen Unternehmen. Deshalb sollten Bestrebungen in Richtung Industrie 4.0 deutlich ausgebaut werden. Für mittelständische Unternehmen ist eine Förderung digitaler Projekte vorstellbar, die sie bei der Entwicklung digitaler Innovationen unterstützt (zum Beispiel durch den Ausbau der digitalen Hubs oder durch die Verpflichtung der IHKs, eine digitale Beratung für ihre Mitglieder aufzubauen). Auf der anderen Seite könnten gerade Mittelständler steuerlich entlastet werden, die in digitale Technologien investieren, um ihre Unternehmen zukunftssicher zu machen.
5. E-Government und digitale Projekte in Kommunen und Regionen vorantreiben
Kommunen und Regionen haben erheblichen Einfluss auf die Entwicklung einer digitalen Gesellschaft. Wenn die öffentliche Verwaltung in Kommunen und Regionen Digitalisierung vorlebt, hat das große Strahlkraft auf Bürger und Unternehmen. Deshalb muss E-Government auf kommunaler und regionaler Ebene konsequent vorangetrieben werden. Das gleiche gilt für Internetzugang im öffentlichen Raum sowie für digitale Verkehrs- und Infrastrukturprojekte der öffentlichen Hand. Damit das digitale Rad nicht immer wieder neu erfunden wird, muss auch die Digitalisierung in Kommunen und Regionen übergreifend koordiniert werden, zum Beispiel durch zentrale Koordinierungsstellen und durch Leuchtturmprojekte.
6. Digitalisierungsministerium auf Bundesebene
Die Bundesregierung muss ihre Digitalisierungsanstrengungen bündeln. Die Verteilung auf verschiedene Ressorts hat die Fortschritte verlangsamt – und nicht wie erhofft beschleunigt. Deshalb plädiert VOICE für ein eigenes Digitalisierungsministerium in der Bundesregierung. Wünschenswert wäre außerdem eine bessere Koordination zwischen Bund und Ländern.
7. Faire Marktbedingungen schaffen
Die Abhängigkeit aller Unternehmen von Software steigt mit der Digitalisierung deutlich an. Das gibt Softwareanbietern – vor allem solchen mit großer Nutzerbasis und tiefer Verankerung in den Unternehmen – besonders große Spielräume bei der Preis- und Lizenzgestaltung. Viele Anwenderunternehmen sind nicht nur abhängig von Software im Allgemeinen, sondern können zum Teil nur mit enormem finanziellen Aufwand die Software eines Anbieters durch die eines anderen ersetzen. Der Staat muss den Missbrauch dieser Macht über den Kunden durch klare gesetzliche Regeln verhindern. Um Missbrauch handelt es sich zum Beispiel, wenn sich ein Softwarehersteller auch für die sogenannte indirekte Nutzung seiner Software bezahlen lässt. Damit nutzt er die Abhängigkeit des Kunden von seiner Software aus, um illegale Gebühren zu erheben.
8. Agilität der Unternehmen unterstützen
In einer digitalen Welt verändern sich Geschäftsmodelle, Prozesse und Abläufe in Unternehmen sehr häufig und zum Teil fundamental. Deshalb muss die Politik dafür sorgen, dass den Unternehmen größerer Handlungsspielraum in ihrer Personalpolitik eingeräumt wird. Sie müssen auf agile Arbeitsformen zurückgreifen können. Daher sollten Unternehmen selbst entscheiden dürfen, wie lange sie gut bezahlte IT-Berater als Freiberufler oder über Personaldienstleister beschäftigen. Das geltende Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sollte daher in Bezug auf IT-Freiberufler und -Berater noch einmal überdacht werden.
9. Vereinheitlichung des Datenschutzes und der Ausführungsbestimmungen
Die Anwenderunternehmen leiden heute unter der unterschiedlichen Interpretation der Datenschutzregelungen von EU-, Bundes- und Landesebene. Anlässlich der ab 2018 geltenden EU Datenschutzgrundverordnung sollten deshalb schnell klare Ausführungsbestimmungen erlassen werden, damit die Verordnung von den Landesdatenschutzbeauftragten einheitlich ausgeführt werden können. Die bisherige Praxis, in der Landesbeauftragte das bestehende Bundesdatenschutzgesetz unterschiedlich interpretieren und ausführen, führt zu Wettbewerbsverzerrungen in Deutschland.
Mit ca. 400 Mitgliedern ist VOICE Bundesverband der IT-Anwender e.V. heute die größte Vertretung von IT-Anwendern im deutschsprachigen Raum. Der Verband repräsentiert einen Querschnitt aus DAX-, MDAX- und mittelständischen Unternehmen. Als Netzwerk bringt er Entscheidungsträger in Sachen IT und Digital Business führender Unternehmen unterschiedlichster Größe und Branchen zusammen – in Formaten wie Roundtables und Fachworkshops, aber auch virtuell auf einer exklusiven Online-Plattform. VOICE bietet seinen Mitgliedern eine kompetente, attraktive und dynamische Austauschplattform, von der sie persönlich sowie ihre Unternehmens-IT und ihre Digitalisierungsprojekte profitieren. In der Community werden Fachinformationen und Best-Practice-Erfahrungen zwischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen diskutiert und ausgetauscht. Das primäre Ziel von VOICE lautet: Die Wettbewerbsfähigkeit von Mitgliedsunternehmen durch den Einsatz von digitalen Technologien weiter zu stärken – mit zielgerichtetem Austausch zu den Top-Themen der Digitalisierung und durch die Wahrung der Interessen der Anwenderunternehmen.
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