An der auf einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung aufbauenden Studie nahmen über 350 Bundestags- und Landtagsabgeordnete sowie EU-Parlamentarier teil. Sie alle bestätigten, dass Verhandlungen mehr als 40 Prozent ihres Arbeitsalltags einnehmen. Dass diese in der Politik langwieriger, komplexer und öffentlichkeitswirksamer sind als beispielsweise in der Wirtschaft, meinen nicht nur die Politiker, sondern auch die befragten Bürgerinnen und Bürger. Entsprechend hoch sind deren Erwartungen: 77 Prozent der Bevölkerung empfinden es als wichtig, dass Politiker gut verhandeln können. Derzeit bewerten sie deren Verhandlungsleistung allerdings nur mit der Schulnote „Befriediegend (-)“, ganz im Unterschied zur Selbstwahrnehmung der Politiker, die sich im Schnitt ein „gut (-)“ geben. „Die Selbsteinschätzung der Politiker ist ehrlich, zugleich aber auch etwas beunruhigend. Immerhin ist das Verhandeln eine Kernaufgabe der Politik“, kommentiert Prof. Dr. Uta Herbst, Professorin für Marketing an der Universität Potsdam und Direktorin der Negotiation Academy Potsdam (NAP). Generell stufen sich Männer besser ein als Frauen. Auch die Parteizugehörigkeit spielt eine gewisse Rolle: So schätzen Politiker von CDU/CSU und FDP die eigene Verhandlungsleistung etwas besser ein als Politiker von SPD, Linken und Grünen. Weniger selbstkritisch sehen sich übrigens EU-Parlamentarier: Sie bewerten die eigene Verhandlungsleistung im Schnitt mit „1,92“.
76 Prozent der befragten Politiker geben an, das Verhandeln nie richtig gelernt zu haben. Die meisten bedauern das. Sie stufen ihre eigenen Fähigkeiten auf diesem Feld signifikant schlechter ein als Politiker, die angeben, das Verhandeln in Ausbildung oder Studium gelernt zu haben. Mehr als zwei Drittel der befragten Politiker gehen davon aus, dass Verhandlungstrainings am Anfang der politischen Karriere helfen könnten, auf diesem Gebiet mehr Kompetenzen zu erwerben. Coachings wären aber auch bei erfahrenen Politikern hilfreich. Hauptgründe für schlechte Verhandlungsergebnisse sehen die Politiker mehrheitlich in mangelnder Vorbereitung und zu ambitionierten eigenen Zielen.
„Interessant für uns ist die Erkenntnis, dass Politiker zwar einerseits das Thema als wichtiges eigenes Aufgabenfeld einstufen und es auch als Manko erachten, dass sie in Ausbildung und Studium nur wenig auf Verhandlungstätigkeiten vorbereitet worden sind, andererseits aber kaum Trainings oder Coachings wahrnehmen“, erklärt Uta Herbst.
In diesem „Paradoxon“ sehen die Wissenschaftler ein grundsätzliches Problem, das auch für viele Führungskräfte in anderen gesellschaftlichen Bereichen gelte: „Die Möglichkeit, aber auch die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen nimmt mit der Übernahme verantwortungsvoller Tätigkeiten oftmals ab“, erklärt Markus Voeth. „Entweder steht nämlich nicht mehr ausreichend Zeit zur Verfügung oder aber die Weiterbildungsangebote entsprechen nicht den spezifischen Anforderungen hochrangiger Führungskräfte“. Auf jeden Fall verdeutliche die vorliegende Studie einen offensichtlichen Nachholbedarf von Politikern und damit auch der Politik als System im Bereich Verhandlungen.
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