Wenn der Cocktail immer besser wird:

18 kleine und mittelständische Unternehmer fanden am 5. November 1992 im Bad Hotel in Bad Überkingen zusammen. Ihr Ziel: Einen Verband zu gründen, der mit starker Stimme für die Interessen aller in der Branche einsteht, der die Stärken und Potenziale der vielen kleinen und mittleren Unternehmen bündelt und sie gegenüber der Industrie vertritt. Die Geburtsstunde des Verbands Deutscher Werkzeug- und Formenbauer, des VDWF.

25 Jahre später ist aus der Idee ein lebendiges Netzwerk mit mehr als 250 Mitgliedern geworden, über das die Unternehmen strategische Partnerschaften bilden, um gemeinsam Aufträge zu bewältigen und Synergien zu nutzen. Am gestrigen Messetag der Moulding Expo (Mittwoch, 31. Mai) beging der VDWF sein Jubiläum mit einer Feierstunde auf dem Gelände der Messe Stuttgart. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hielt die Festrede und fokussierte dabei auf die Schlüsselrolle, die dem Werkzeug- und Formenbau-Metier bei der industriellen Fertigung zukommt: „Die besten Produkte der Welt machen Sie als Werkzeugmacher und das muss weiterhin unser Ziel und Ansporn sein. Insofern muss ich Ihnen allen ein großes Kompliment machen, dass Sie mit Ihrem großen Engagement in einem harten Wettbewerb unser Land zu einem echten Erfolgsstandort gemacht haben und machen.“ Wichtig sei, so Kretschmann dabei auch, diese Technologieführerschaft nicht nur anzustreben, sondern auch zu zeigen, dass sie da ist, und ebenfalls an der Aus- und Weiterbildung der Werkzeugmacher zu arbeiten. In diesem Zusammenhang verwies der Ministerpräsident auf das live auf dem VDWF-Gemeinschaftsstand spritzgegossene Lehrbauteil „Polyman“: „Von Hause aus bin ich ja Lehrer, und der Polyman ist eine geniale Idee, da man an so einem praktischen Produkt zeigt, was ein Werkzeug alles falsch und was es richtig machen kann – Chapeau.“

Dank und Anerkennung zollte Kretschmann dem VDWF, den Verbandsmitgliedern und der gesamten Branche aber auch für ihr übergeordnetes Engagement: „Ich weiß als Ministerpräsident eines wichtigen Industriestandorts: Wohlstand, gute Arbeitsplätze, gute Steuereinnahmen – damit wir auch etwas gestalten können –, das hängt von Ihnen ab. Auf Ihren Schultern ruht die Prosperität dieses Landes – dafür herzlichen Dank an Sie, an Ihre Mitarbeiter, dass Sie das jede Woche zeigen und dass Sie gute Produkte machen.“ Zum Abschluss seiner Rede auf der Moulding Expo appellierte Kretschmann dann direkt an die Unternehmer hinter den vielen KMU, die in Deutschland die Werkzeug- und Formenbau-Branche prägen: „Treiben Sie Ihre Firmen weiter voran auf dem Weltmarkt, auch durch solche Messen, auf denen Sie zeigen, was Sie können.“

VDWF als Begegnungsraum

Auch Professor Thomas Seul hebt das „Vorantreiben“ hervor. „Wir haben es im vergangenen Vierteljahrhundert geschafft, der wichtigste Branchenverband für den Werkzeug- und Formenbau zu werden“, sagt der Präsident des VDWF. „Wir werden zu allen Belangen des Metiers befragt, und wir geben die kompetenten Antworten, wenn unsere Expertise verlangt wird.“ Der VDWF ist wirtschaftlich kerngesund und kann sich auf eine stabile ökonomische Lage stützen. „Wir können völlig unabhängig handeln, eine ganz wesentliche Ausgangssituation, um glaubwürdig die passenden Angebote für unsere Mitglieder zu liefern. Nur so ist es uns auch gelungen, aus dem VDWF einen aktiven Begegnungsraum für die ganze Branche zu machen“, betont Seul.

Von Begegnung und Synergie konnte 1992 im Werkzeug- und Formenbau kaum die Rede sein. Rolf Helle, VDWF-Initiator und ehemaliger Geschäftsführer des Verbands, erinnert sich: „Vor 25 Jahren waren die Werkzeugmacher sehr von sich selbst überzeugte Köpfe – und sie waren meist auch eher altmodisch unterwegs.“ Marketing? Überflüssig – man kennt mich, lautete das Selbstverständnis in Sachen Vermarktung. „Kommuniziert wurde per Post und bestenfalls nahm ein Werkzeugmacher mal den Telefonhörer in die Hand. Das Wort Daten hat es überhaupt nicht gegeben, das war im Formenbau ein Fremdwort. Technologisch war das Steinzeit“, sagt Helle.

Durch die Öffnung der Grenzen nach Osten und die fallenden Handelsbeschränkungen in der Europäischen Union sahen sich die Werkzeugmacher zunehmend mit einer mächtigen Billig-Konkurrenz konfrontiert – das schweißte die kleinen und mittelständischen Unternehmen zusammen und ließ das Bedürfnis nach Zusammenarbeit wachsen.

Mit Heterogenität zum Erfolg

„‚Gemeinsam stark‘ ist heute unser Motto“, sagt Thomas Seul. „Den Unternehmen der Branche rufen wir zu: Du musst nicht immer alles allein machen, du musst strategische Partnerschaften mit anderen eingehen. Kooperative Fertigungsstrategien sind die Zukunft.“ Die Stärke des Werkzeug- und Formenbaus und auch des VDWF liegt dabei durchaus in der unterschiedlichen Ausrichtung der einzelnen Unternehmen. „Wir sind heterogen bei der Größe der Unternehmen, heterogen bei den Produkten, heterogen im Geschäftsfeld oder im Business der Mitglieder. Das sorgt einfach dafür, dass wir immer interessante Köpfe haben, die nicht zu allem Ja und Amen sagen, sondern immer wieder etablierte Sachverhalte in Frage stellen – und genau das bringt uns weiter.“

Der VDWF arbeite genau in diesem Geiste. Gepflegt werden beispielsweise die Schnittstellen zu anderen Branchenverbänden wie dem WI.SWF, dem VDMA, dem VDW oder zum BVMF sowie auch zu Forschungsinstituten und Hochschulen. „Nach wie vor sind wir als VDWF das Sprachrohr für unsere vielen kleineren Mitglieder, die durch uns die Möglichkeit haben, Gehör gegenüber den Konzernen, den Auftraggebern und in Märkten zu finden, in die sie allein nicht vorstoßen könnten“, erklärt Seul. „Unsere Unternehmen haben in den zurückliegenden 25 Jahren aber auch gelernt, mit dieser Situation gut umzugehen. Sie haben ein eigenes Selbstverständnis entwickelt.“ Und es sei ja nicht immer ein Nachteil, wenn man als Unternehmen klein ist, so Seul, der die deutschen Werkzeugmacher mit Schnellbooten vergleicht, die immer flexibel und effizient agieren können und so den großen Tankern mehr als nur Paroli bieten …

Damit dies auch weiterhin gelingt, bietet der VDWF kompetente Beratung und praktische Unterstützung bei Themen wie Aus- und Weiterbildung, Marketing, Management und Sachverständigenwesen. Der Verband engagiert sich aber ebenso im Sinne seiner Mitglieder bei übergeordneten Fragestellungen, wenn es beispielsweise um den DIN-Normenausschuss oder die CE-Konformität von Werkzeugen und Formen geht.

„Being present“ – sichtbar und aktiv

Der VDWF hat für eine völlig veränderte Begegnungskultur innerhalb der Branche gesorgt. Thomas Seul: „Wie wir miteinander umgehen, wie wir uns untereinander austauschen, das haben wir gepflegt, damit es wächst. Und natürlich hängt da ganz viel an der Haltung der Akteure.“ Der VDWF schuf Veranstaltungsformate, die Mitgliedern dabei helfen, organisatorisch und technologisch die Nase vorn zu haben und ihren Austausch innerhalb des Verbands-Netzwerks zu fördern. Dazu zählen Fachveranstaltungen, Schulungen, Seminare, Gemeinschaftsstände bei Fachmessen im In- und Ausland, Delegations- und Studienreisen, aber auch informelle Treffen wie Ski-Wochenenden und Grillfeste.

Und natürlich die Moulding Expo: Hier feierte der VDWF sein Jubiläum auf dem größten Gemeinschaftsstand, den der Verband jemals hatte. „Das gab es noch nicht in dieser Qualität, dass im Werkzeug- und Formenbau der Verband eine Plattform von den Mitgliedern für die Mitglieder präsentiert“, sagt Thomas Seul. „Being present – ein starker und sichtbarer Player in der deutschen Industrie zu sein, das ist es, wofür sich der Verband und alle Werkzeugmacher – nicht nur die VDWF-Mitglieder – gemeinsam einsetzen müssen, wenn wir weiterhin eine Technologieführerschaft nicht nur in Deutschland, sondern auch global für uns beanspruchen möchten.“

Die Ausbildungsstrategie der Branche wird dabei immer wichtiger. Der VDWF sieht in der Ausbildung und in der berufsbegleitenden Weiterbildung eines seiner Hauptbetätigungsfelder der kommenden Jahre. „Wir engagieren uns in der überbetrieblichen Ausbildungsinitiative und mit Studienangeboten an der Hochschule Schmalkalden. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal! Welcher Verband hat schon seinen eigenen Studiengang?“, sagt Thomas Seul, der in Schmalkalden Professor für Fertigungstechnik und Werkzeugkonstruktion, Prorektor für Forschung und Transfer und Leiter des Labors für Angewandte Kunststofftechnik ist.

Es ist aber nicht nur die Bündelung der technischen und technologischen Expertisen aller Mitglieder, die den VDWF in der Branche so interessant macht. Da sei tatsächlich mehr – nämlich das Individuum als Akteur in der Branche. „Es lohnt sich, Mitglied in unserem Verband zu werden“, sagt Thomas Seul. „Wir sind seriös, authentisch, zielorientiert, aber vor allen Dingen persönlich und menschlich – und das immer im Sinne der Mitglieder. Damit das alles reibungslos klappt, genehmigen wir uns auch immer wieder einen großen Schluck aus der Flasche des Freidenkens und manchmal auch des Unsinns, um weiter voranzukommen. Diese Mischung ist ein ganz spannender Cocktail, und ich kann nur jedem raten, ihn einmal zu probieren.“

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